Krieg der Kartelle:Familien-Bande

Der gefallene Drogenkönig "El Chapo" sitzt im Gefängnis, Rivalen ermordeten zwei seiner Neffen, nun gilt einer seiner Söhne als entführt.

Von Peter Burghardt

Es steht nicht gut um die mexikanische Familie Guzmán, den bis zuletzt mächtigsten Drogenclan der Welt. Der Patron Joaquín Guzmán alias "El Chapo", der Kleine, wurde im Januar ein drittes Mal verhaftet, nachdem er zweimal aus einem Hochsicherheitsgefängnis spaziert war. Jetzt wartet der Herrscher über das Rauschgiftkartell aus dem Bundesstaat Sinaloa in mutmaßlicher Isolationshaft auf seine Auslieferung in die USA, den Schrecken aller Großdealer. Rivalen griffen sogar das Haus seiner Mutter in seiner Heimat Badiraguato an, und zwei Neffen wurden ermordet. Jetzt gilt einer seiner Söhne als entführt. Das beunruhigt auch den Rest der Nation, denn: Wenn es den Guzmáns schlecht geht, dann kann das für Mexiko gefährlich werden.

Sechs Menschen sollen in der Nacht zum Montag während einer Champagnerparty aus dem Nachtlokal La Leche (Die Milch) in Puerto Vallarta am Pazifik verschleppt worden sein. Unter ihnen sei Jesús Alfredo Guzmán, 30, berichten die Behörden und befürchten neue Gewalt. Polizei und Armee fahnden nach den Vermissten. Unklar ist außerdem, was mit einem anderen Guzmán-Junior geschah, dem 35 Jahre alten Iván Archibaldo Guzmán, obwohl der ein vermeintliches Lebenszeichen auf Twitter von sich gab. Ein weiterer Sohn des Paten, Édgar Guzmán, starb 2008 im Kugelhagel. Es geht in diesem Thriller aus dem organisierten Verbrechen um Verschwörung und Verrat - um einen Krieg, der nicht enden mag.

Wer hat welchen Guzmán wohin und warum gekidnappt? Rivalen aus der Bande Jalisco Nueva Generación? Diese Kriminellenfraktion aus dem Bundesstaat Jalisco war mal mit Guzmáns Sinaloa-Gang befreundet und zählt inzwischen zu ihren Todfeinden. Andere vermuten seit der Festnahme des legendären Chapo Guzmán Machtkämpfe seiner Partner und Erben. Womöglich solle der Drogenbaron unter Druck gesetzt werden, damit er den US-Ermittlern im Falle einer Überstellung nicht zu viel erzählt. Am Freitag meldeten Mexikos Sicherheitsorgane die Festnahme des Finanzchefs der Jalisco Nueva Generación, "Sergio N". Wahrheiten sind schwer zu ermitteln in dieser Schlacht um Märkte und Milliarden, um Kokain, Pillen, Marihuana, Piraterie, Öl oder Menschen. Mexikos Gemetzel jedenfalls geht weiter: Wieder wurde ein Massengrab entdeckt, mit 60 Leichen in der Region Veracruz. Und Menschenrechtler werfen mexikanischen Polizisten vor, im Mai vergangenen Jahres 22 Verdächtige erschossen zu haben. Nach Jesús Alfredo Guzmán wird derweil gesucht - wie zuvor schon öfter mal nach seinem Vater, dem gefallenen Drogenkönig.

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