Krankenakte von Michael Schumacher:Gestohlene Details

Michael Schumacher

Die Krankenakte von Michael Schumacher ist als gestohlen gemeldet - nun wird sie Medien in ganz Europa zum Kauf angeboten.

(Foto: dpa)

Das Krankenhaus von Grenoble und seine Managerin melden Michael Schumachers Krankenakte als gestohlen. Nun bieten Diebe die Unterlagen in ganz Europa zum Kauf an - und setzen auf skrupellose Abnehmer.

Von Michael Neudecker

Mit solchen Sachen wollte Sabine Kehm eigentlich nichts mehr zu tun haben, es sollte Ruhe sein, denn ihr Klient braucht die Ruhe. Sabine Kehm ist die Managerin von Michael Schumacher. Der frühere Formel-1-Pilot ist vor Kurzem aus einem mehr als fünf Monate dauernden Koma aufgewacht und von der Universitätsklinik in Grenoble nach Lausanne verlegt worden, um sich, soweit möglich, von den verheerenden Folgen seines Skiunfalls zu erholen.

Danach veröffentlichte Kehm eine Stellungnahme, die mit dem Satz endete: "Für die Zukunft bitten wir um Verständnis, dass seine weitere Rehabilitation außerhalb der Öffentlichkeit erfolgen soll. " Michael Schumacher aber ist so prominent, dass ihn früher sogar in Asien die Menschen auf der Straße erkannten, und weil die Anteilnahme an seinem ungewöhnlichen Schicksal noch immer groß ist, muss Sabine Kehm nun feststellen: So einfach ist die Sache nicht.

Im Klinikum in Grenoble schon hatten Skrupellose versucht, mit Verkleidungen oder anderen Tricks zu Schumacher vorzudringen, um ein Foto zu machen. In Lausanne ist offenbar bereits nach wenigen Tagen Ähnliches passiert. Und seit Montagabend weiß man, dass sich die Grenze der Skrupellosigkeit immer wieder neu definieren lässt: Unbekannte haben aus dem Klinikum Grenoble wohl Teile der Patientenakte Schumachers gestohlen.

Entsprechende Unterlagen werden derzeit mehreren Medien per E-Mail zum Kauf angeboten, darunter Zeitungen in Deutschland, England und Frankreich, der aufgerufene Mindestpreis soll bei rund 50 000 Euro liegen. Zum Beweis der Echtheit der Dokumente soll der Dieb Auszüge aus der Akte zur Verfügung gestellt haben.

Sabine Kehm will sich zu den Vorfällen nicht äußern, auf Nachfrage verweist sie auf eine Mitteilung, die sie noch Montagabend verschickt hatte. "Seit einigen Tagen werden einigen Medienvertretern gestohlene Dokumente/Daten zum Kauf angeboten, von denen der Anbieter behauptet, es handele sich um die Krankenakte von Michael Schumacher", heißt es darin, und weiter: "Wir können nicht beurteilen, ob die Unterlagen echt sind. Fakt ist jedoch: Die Unterlagen sind gestohlen.

Der Diebstahl wurde angezeigt. Ermittlungsbehörden sind eingeschaltet." Verbunden mit dem Hinweis, dass der Ankauf solcher Unterlagen strafrechtlich verfolgt wird. Das Klinikum in Grenoble teilte am Dienstag mit, bereits am vergangenen Donnerstag in der Sache Anzeige gegen Unbekannt erstattet zu haben.

Die französische Nachrichtenagentur AFP berichtet mit Berufung auf "französische Ermittlerkreise", es handle sich bei dem gestohlenen Dokument um einen Arztbrief zur medizinischen Behandlung Schumachers in Grenoble. Das Schreiben sei elf bis zwölf Seiten lang und an die Klinik in Lausanne adressiert, dazu zitiert die Agentur den Staatsanwalt von Grenoble, Jean-Yves Coquillat, es sei "wahrscheinlich", dass das Dokument gestohlen worden sei, aber "noch nicht erwiesen". Die Ermittlungen laufen demnach seit Freitag: seit Kehm die Behörden auf das Angebot an verschiedene Journalisten aufmerksam gemacht habe. Befragt werden derzeit Klinikmitarbeiter in Grenoble, zudem wird das Computersystem überprüft.

Der Deutsche Journalisten-Verband appellierte am Dienstag vorsorglich an die Medien, die gestohlenen Daten keinesfalls zu veröffentlichen, denn das sei "Sensationsjournalismus ohne Substanz und Relevanz", der Inhalt der Akte habe "weder politische noch gesellschaftliche Bedeutung". Ob das alle Medien so sehen, oder ob die Sensationsgier die Moral doch gänzlich niederringen kann, das ist eine der vielen unklaren Fragen in diesem Fall, auch für Sabine Kehm.

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