Komiker schwimmt in Themse:Kraulend durch die Kloake

David Walliams hat es geschafft: Der britische Komiker ist in acht Tagen die Themse in ihrer ganzen stinkenden Länge hinabgeschwommen. Dabei hörte er "Abba", rettete einen Labrador und versuchte, seinen "Themse-Magen" zu beruhigen.

Christian Zaschke, London

Sie hatten geschrieben, das Wasser der Themse sei in diesen Tagen pechschwarz, pitch black, aber das stimmte nicht. Das Wasser war braun mit Spuren von einem ungesunden Grün, es trug Joghurtbecher, Coladosen, Hamburger-Schachteln und Hunderttausende Blätter, die der Sturm von den Bäumen wehte, es trug viele Tonnen Scheiße, und es trug David Walliams.

Die Becher, die Dosen, die Schachteln und die Scheiße reisten gemeinsam mit Walliams 140 Meilen die Themse hinunter, von den Cotswolds bis zur Westminster Bridge in London. Als Walliams am Montagabend der Brühe entstieg und in die Abendsonne trat, sagte er: "Ich bin gerade die gesamte Themse entlanggeschwommen. Ich fühle mich ein wenig müde."

David Walliams ist ein britischer Schauspieler und Komiker. Er hat bereits die Straße von Gibraltar und den Ärmelkanal durchschwommen, zudem ist er von Land's End, der Südwestspitze Englands, nach John O'Groats, der Nordostspitze Schottlands, geradelt. Zum einen tut er das, weil er auf angenehm englische Weise nicht ganz sauber tickt, zum anderen, weil er, wie er sagt, einen Hang zum Masochismus hat, und vielleicht auch, weil er gerade 40 geworden ist und die kalte Hand der Midlifecrisis im Nacken spürt.

Vor allen Dingen aber begibt er sich auf diese Missionen des kontrollierten Irrsinns, um Geld für gute Zwecke zu sammeln. Während der acht Tage, die Walliams brauchte, um die Themse entlangzuschwimmen, kam über eine Million Pfund an Spenden für die Wohltätigkeitsorganisation "Comic Relief" zusammen.

Tag für Tag stieg Walliams im Morgengrauen in den Fluss, er wurde stets von drei Kajaks und einem Motorboot begleitet. In seinen Pausen sprach er mit dem BBC-Sender Radio 1, er klang unendlich müde, schon am zweiten Tag sprach er mit der Stimme eines Mannes, der ohne Hoffnung ist. Die Moderatoren hingegen klangen wie immer, radioheiter, sie erzählten Walliams zum Beispiel kichernd, dass wegen der Regenfälle noch mehr Abwässer in die Themse liefen, und manchmal spielten sie das Geräusch einer Klospülung ein. Walliams sagte dann: "Oh, danke." Er ertrug das, weil die Radiomenschen stets dafür warben, per SMS zu spenden.

Und er ertrug es, weil die Radiomenschen ihm jeden Tag ein Geschenk machten: Sie spielten ein Lied von Abba. Man muss dazu wissen, dass Radio 1 sich für den coolsten Sender der Welt hält und deshalb Abba zutiefst verachtet. Es war also echt ein Geschenk, denn David Walliams liebt Abba.

"Bitte tut nicht, was ich tue"

Während der Komiker sich durch die Themse pflügte, versuchte er, sich in seinem Kopf in eine Welt zu begeben, die nur aus Abba-Liedern bestand, hier und da vielleicht ein Liedchen von Elton John hineingetupft. So zweifelhaft seine musikalischen Vorlieben sein mögen, so bewundernswert ist sein Durchhaltevermögen.

David Walliams Completes His Charity Swim Up The Thames

Big Ben funkelt in der Abendsonne und David Walliams wird gefragt, was denn der schlimmste Moment seiner Reise war: "Als es sich anfühlte, als ob mein Arsch explodieren würde."

(Foto: Getty Images)

Zwar hatte er sich gegen jede erdenkliche Krankheit impfen lassen, die in den schmutzigen Wassern der Themse wohnen könnte, trotzdem litt er schon früh am "Thames Tummy", am Themse-Magen. Das hieß, dass er sich übergeben musste und einen Durchfall hatte, der ihm die Gedärme schüttelte. Was der schlimmste Moment war, wurde er am Montagabend gefragt. Hinter Walliams glitzerte Big Ben in der Sonne, um ihn herum stand Halbprominenz, trank Bier und lauschte, es gab Häppchen. Eben hatten sie "Dancing Queen" von Abba gespielt. Walliams überlegte kurz, er lächelte, als denke er an etwas Schönes zurück, dann sagte er: "Als es sich anfühlte, als ob mein Arsch explodieren würde."

Glücklicherweise kehrte bald wieder Ruhe ein im Körper des Schwimmers. Zunächst war es auch am Ufer des Flusses recht ruhig gewesen, doch je länger Walliams schwamm, desto größer wurde das Interesse. Täglich standen mehr Menschen am Fluss und jubelten Walliams zu. Bei Cookham Lock in Berkshire rettete er nebenbei einen Hund, der zu ertrinken drohte, es war ein Labrador, der auf den Namen Vinny hörte. Klar, dass sich nach dieser Geschichte auch die Fernsehsender einklinkten.

Im Radio sagte Walliams: "Liebe Kinder, bitte, tut nicht, was ich tue." Die Kinder liebten ihn, wie eine immer größere Öffentlichkeit ihn liebte, und die Radiomenschen setzten den Klospülungs-Gag nicht mehr so oft ein. Sie spielten dafür "Super Trooper".

Als Walliams sich auf den letzten Kilometer seiner Reise begab, wurde er von Hunderten Menschen begleitet, die an der Themse entlangliefen und ihm zujubelten. Über ihm knatterte ein Hubschrauber, der in der Luft stand und sich bisweilen einige Zentimeter weiterbewegte - es wirkte, als hätten sie den wendigen, schnellen Hubschrauber eigens geschickt, um zu illustrieren, wie langsam ein schwimmender Mann in der Themse vorankommt. Als Walliams am Krankenhaus gegenüber den Houses of Parliament vorbeikraulte, winkten ihm Pfleger in blauen, grünen und rostroten Kitteln zu, die Patienten mussten kurz ohne sie auskommen. "Come on, David", brüllte ein Mann in ein Megafon.

Als Walliams unter der Westminster Bridge durchschwamm, wurde diese gesperrt, weil sich zu viele Menschen versammelt hatten. Und als er aus dem Wasser stieg, breitete er triumphierend die Arme aus, Big Ben zeigte fünf vor halb sieben, und die tiefstehende Sonne beschien einen Mann, der sehr, sehr glücklich war.

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