Königshaus in Spanien:Harte Zeiten für Monarchisten

Der spanische König ist im Volk konstant sehr beliebt, doch das Image der Königsfamilie wird gerade ramponiert: Ein Schwiegersohn von Juan Carlos steht unter dem Verdacht, öffentliche Gelder veruntreut zu haben. Ausgerechnet in einer Zeit, in der die einfachen Bürger unter Einsparungen und Kürzungen leiden.

Javier Cáceres. Madrid

Manchmal sagen auch fehlende Bilder mehr als tausend Worte. Zum Beispiel bei Ansprachen von Spaniens König Juan Carlos. Noch stets war es Usus gewesen, dass die Kamera, wenn der Monarch weihnachtliche Worte an seine Untertanen richtete, ein Familienbild im Hintergrund einfing. Doch beim letzten Mal war alles anders. Nicht ein einziges Foto der Angehörigen war zu sehen, sondern bloß ein Bild des Königs mit José Luis Zapatero und Mariano Rajoy, dem alten und dem neuen Ministerpräsidenten. Mit der Familie hat der König zurzeit seine liebe Not.

Spain's Royal Family  preside a parade during a ceremony of the X Legislature in Madrid

Die Spanier mögen Juan Carlos, aber nicht zwingend auch jeden Nachfolger. Im Bild: Die Königsfamilie (von links nach rechts): Prinzessin Letizia, Kronprinz Felipe, König Juan Carlos und Königin Sofia bei der Zeremonie zur Amtseinführung der neuen Regierung Ende Dezember.

(Foto: REUTERS)

Sein Schwiegersohn hat die Monarchie der größten Herausforderung seit Jahrzehnten ausgesetzt. Iñaki Urdangarín muss als Angeklagter in einem Korruptionsprozess aussagen. Der Sonderstaatsanwalt für Korruptionsbekämpfung in Palma de Mallorca hat den Ehemann der Infantin Cristina am 6. Februar vorgeladen.

Der Herzog von Palma und ehemalige Handballer steht unter dem Verdacht der Untreue. Er soll als Vorsitzender der von ihm gegründeten gemeinnützigen Stiftung Nóos in den Jahren 2004 bis 2006 Millionen an öffentlichem Geld veruntreut haben - und das wird in einem Moment bekannt, da die Spanier unter Einsparungen und Kürzungen leiden.

König Juan Carlos kann sich sicher sein, dass auch an diesem Donnerstag, seinem 74. Geburtstag, balkenbreit über die mutmaßlichen Gaunereien berichtet wird. Urdangarín wird vorgeworfen, einträgliche Provisionen für windige Fachkongresse und dünne Beraterdienste eingestrichen zu haben - unter dem Deckmantel des Ehrenamts.

Späte Reaktion des Königshauses

Nach allem, was der Ermittlungsrichter in Palma zusammengetragen hat, bekam die Stiftung Nóos von korrupten Landesregierungen Millionensummen aus öffentlichen Töpfen zugeschustert. Zum Teil landete das Geld in exotischen Steuerparadiesen. Sollte Urdangarín einer Vorladung im Februar nicht Folge leisten, würde er zur Fahndung ausgeschrieben. Eine formelle Anklage gilt als unumgänglich. Er selbst beteuert seine Unschuld.

Spaniens Königshaus bringt die Affäre in Bedrängnis, weil es spät reagierte. So ging das Königshaus vor wenigen Wochen auf Distanz zu Urdangarín, als es dessen Verhalten als "nicht beispielhaft" bezeichnete und den 43-Jährigen mithin für die Presse zum Abschuss freigab.

Juan Carlos schloss Urdangarín und Cristina von allen offiziellen Auftritten der Königsfamilie aus. Aber längst ist belegt, dass das Königshaus schon 2006 von den Machenschaften wusste und sie offenbar zu vertuschen versuchte. Seinerzeit wurde Urdangarín über einen Vertrauten des Königs nahegelegt, seine Aktivitäten als Nóos-Chef niederzulegen und sich einen Job im Ausland zu suchen.

Urdangarín nahm den königlichen Rat an - und zog 2009 mit Gattin Cristina und den vier Kindern nach Washington. Doch so richtig wollte nicht Gras über die Sache wachsen. Zum Verhängnis wurde ihm, dass der Korruptionssumpf seiner bevorzugten Geschäftspartner, der früheren Regionalregierungen der Balearen und Valencias, viel zu tief war. An Urdangarín blieb so viel Dreck hängen, dass dem König kaum etwas anderes übrig blieb, als in seiner Weihnachtsansprache zu betonen, dass "alle vor dem Gesetz gleich" seien.

18 Cent von jedem Untertanen

Unter dem Druck der Ereignisse der vergangenen Wochen gab sich das Königshaus nun einen Anstrich von Transparenz. Erstmals wurde zumindest ansatzweise aufgeschlüsselt, wie der König die 8,2 Millionen Euro ausgibt, die ihm der Staatshaushalt pro Jahr zuweist. So wurde bekannt, dass der Monarch ein Jahressalär von 292.752 Euro brutto erhält, das jährliche Taschengeld des Thronfolgers liegt bei der Hälfte.

Die Medien verbreiteten, dass der König jeden Untertanen bloß 18 Cent kostet - und damit weniger als manch gewählter Präsident. Allerdings unterschlugen sie, dass viele Ausgabenposten des Königs, etwa seine Reisen, in anderen Etattöpfen versteckt sind. Überhaupt ist es mit der Transparenz so weit nicht her. Nicht nur, weil der Palast klarstellte, "wie viel Geld die Königin für ihren Friseur ausgibt" bleibe geheim; sondern auch, weil ein anderes, sehr viel spannenderes Mysterium ungelüftet bleibt: Wie es um das geschätzt milliardenschwere Vermögen des Königs bestellt ist, und auf welche Weise dieses wächst.

Allmählich bedarf die Monarchie plakativer Unterstützung. Als König Juan Carlos das Parlament feierlich mit einer Rede eröffnete, spendeten ihm die Abgeordneten der beiden Mehrheitsfraktionen minutenlang Applaus, der ohne Beispiel war. Noch treibt die Spanier nicht mehrheitlich die Frage um, wie sinnvoll oder segensreich eine Erbmonarchie im 21. Jahrhundert ist. Einen großen Teil seines Renommees ist der Rolle geschuldet, die Juan Carlos beim Putsch vom 23. Februar 1981 einnahm. Damals rettete er mit einer beherzten Fernsehrede die Demokratie und ließ vergessen, dass er ein König von Gnaden des 1975 verstorbenen Diktators Franco war.

Noch immer hat Juan Carlos hervorragende Popularitätswerte, gleiches gilt für Sohn Felipe. Doch auch dieser weiß um das geflügelte Wort, wonach die Spanier eher "Juancarlistas" als Monarchisten seien, das heißt: sie mögen Juan Carlos, aber nicht zwingend auch jeden Nachfolger.

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