Königshaus:Eine Hochzeit als Verbindung von Pannen

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Seit der britische Thronfolger Prinz Charles seine Heirat mit Camilla Parker Bowles angekündigt hat, läuft alles schief im Hause Windsor.

Von Gerd Zitzelsberger

Nichts ist schlimmer als Träume, die in Erfüllung gehen. 30 Jahre lang haben Prince Charles, künftiges Staatsoberhaupt Großbritanniens, und Camilla Parker Bowles mal mehr, mal weniger intensiv davon geträumt, ein richtiges Paar zu werden und allen zu zeigen, dass sie sich lieben.

Jetzt steht die Hochzeit kurz bevor - und der Traum wandelt sich zum Albtraum. Seit der überraschenden Ankündigung der Trauung für den 8. April vor zwei Wochen vergeht kein Tag ohne Panne oder peinliche Enthüllung.

Das Unglück nimmt seinen Lauf...

Und es sieht so aus, als werde die britische Monarchie, die traditionsreichste und bedeutendste Europas, nach der Hochzeit auf einem poröseren Fundament stehen als vor zwei Wochen: Warum sollte eine Familie, die unfähig ist, auch nur eine Hochzeit zu organisieren, ein Land repräsentieren, ist eine Frage, die man nun in Großbritannien diskutiert.

Das Unglück nahm seinen Lauf, ehe Charles es ahnte. Es begann mit der Entscheidung des Thronfolgers, sich auf Schloss Windsor trauen zu lassen, dem Stammsitz der Königsfamilie. Nichts lag näher: Westminister Abbey oder St. Paul's Cathedral, die großen Kathedralen Londons, in denen solche Ereignisse sonst stattfinden, kamen nicht in Frage.

Niemand wollte einen Abklatsch der Märchenhochzeit von Charles und seiner ersten Frau Diana. Vor allem aber hätte man in der Schlosskapelle kaschieren können, dass die anglikanische Kirche ihrem künftigen Oberhaupt und seiner Auserwählten die kirchliche Trauung verweigert, beide sind schließlich geschieden.

Charles ist zwar inzwischen verwitwet, aber Camilla kann als der schuldige Teil ihrer Ehescheidung gelten. Im Schloss wären zivile Eheschließung und kirchlicher Segen elegant ineinander geflossen.

Um unschuldigen Augenaufschlag bemüht

Doch der britische Monarch in spe steht nicht über dem Gesetz: Wie jede amtliche Hochzeitsstätte hätte die Kapelle in Schloss Windsor drei Jahr lang auch anderen Paaren offen stehen müssen. Das hatten die königlichen Planer nicht bedacht, und so viel Tuchfühlung mit dem Volk wollte die Queen nicht.

Künftige Könige irren nicht, und wenn, dann nur für ein paar Stunden: Überhastet und ohne Absprache mit seiner Mutter verlegte Charles die Trauung ins Rathaus von Windsor - das ist ja auch ganz schön alt; nur den Segen sollte es noch in der Schlosskapelle geben. Königin Elisabeth II. hatte offenbar auch keine bessere Idee, aber ein Rathaus als königliche Hochzeitsstätte gefällt ihr nicht.

"Da geht der Zauber der Monarchie flöten", soll die Queen gesagt haben. Jedenfalls geht sie genauso wenig in die "Guildhall" wie Charles' Geschwister. Die offizielle Ausrede der Queen vergrößerte das Desaster: Sie wolle den Rahmen klein halten, und als Brüskierung sei es bestimmt nicht gemeint, sagte ein Hofsprecher um unschuldigen Augenaufschlag bemüht.

Doch als vehemente Ablehnung dieser Heirat fasst fast ganz Großbritannien die Entscheidung der Queen auf. Königstreue Zeitungen, die die Abneigung der Queen gegen Camilla Parker Bowles teilen, reagierten, als hätte man sie von der Kette gelassen: Die Queen verstehe eben mehr vom Leben, von Camilla und der Monarchie als Charles, und habe Recht, wenn sie nicht zur Trauung komme, schrieb etwa Christopher Wilson, den das Mittelklasse-Blatt Daily Mail zu seinem Camilla-Biografen ernannt hat.

Sexuell hörig soll er sein

Das Verhältnis zwischen den Brautleuten gehe ja keinen etwas an, aber der Prinz sei wohl Camilla sexuell hörig, deutet er ziemlich unverhohlen an. Wilson weiß, dass sich jeder Leser an den illegalen Mitschnitt eines Telefonats von 1991 erinnert: "Ich möchte dein Tampon sein", hatte der verliebte Charles geflüstert. Gut möglich ist, dass die Königin einfach nicht kommt, weil sie Rummel im Rathaus entgehen möchte.

Wilson und seine königstreuen Leser tragen es der Braut nach, dass Charles in seiner Ehe mit Diana ein Verhältnis mit ihr hatte. Es war in der Tat einer der Gründe für das Scheitern dieser Ehe. Deshalb wird das Brautpaar wohl noch oft lesen müssen, Camilla sei eine geschiedene Frau fortgeschrittenen Alters ohne Charme und Ausstrahlung.

Höfisches Zeremoniell läuft in Großbritannien mit der Präzision eines Uhrwerks ab und steht in Kontrast zur Unzuverlässigkeit von Zügen und Bahnen. Umso verblüffter sind die Briten, dass es ausgerechnet bei der Hochzeit des Thronfolgers solche Pannen gibt. Ein Teil der Briten versteht es als Beleg dafür, dass die Monarchie sich überlebt habe. So ist die Hochzeit zum Politikum geworden.

© SZ vom 25.2.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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