Köln:Gangsta-Promotion

In Köln liefern sich die Rapper Xatar und KC Rebell eine Fehde inklusive Schießerei. Dabei geht es natürlich um die Frage, wer die dicksten Eier im Rap-Wesen hat und wer mit Gangstereien so viel Aufmerksamkeit erzielt, dass er gute Verkaufszahlen hat.

Von Bernd Dörries

Im Belgischen Viertel in Köln geht es normalerweise eher ruhig zu. Die Menschen machen sich Gedanken darüber, ob die Kaffeebohnen beim Sandwichladen an der Ecke auch sozial verträglich hergestellt wurden. Der größte Ärger der vergangenen Jahre war die ewige Diskussion über den Lärm der Feiernden, die bis tief in die Nacht auf den öffentlichen Plätzen trinken und nicht immer Toiletten benutzen. Sonst war hier eigentlich alles in Ordnung. Seit vergangenem Montag ist das Belgische Viertel aber nun auch der Tatort eines seltsamen Konflikts in der deutschen Rapper-Szene. Das eher beschauliche Viertel wirkte plötzlich so, wie man sich hier die Bronx vorstellt. Ein Schwerverletzter, ein Geländewagen mit zerstochenen Reifen, Patronen auf dem Boden. Die Kölner Ringe sind eine große Feiermeile, aber auch eine beliebte Strecke für Menschen, die ihren krassen Dreier-BMW oder den neuen Mercedes mal einer größeren Öffentlichkeit vorstellen wollen. In der näheren Umgebung im Belgischen Viertel siedeln sich seit einiger Zeit Shisha-Bars an, in denen die Fahrer eine Zwischenpause vom Streifefahren einlegen können. Vor der Noon-Bar kam es dann in der Nacht zum Montag zu der Auseinandersetzung, bei der ein 34-Jähriger einen Schädelbruch erlitt.

Die Noon-Bar gehört unter anderem dem Rapper Xatar, der gemeinsam mit Haftbefehl derzeit auf dem ersten Platz der Charts steht. Mehrere Männer sollen auf ihn eingeprügelt haben, Anwohner berichteten von Schüssen und Messerstichen ins Gesäß. Mit letzter Kraft schleppte sich der Verletzte in seinen Mercedes-Geländewagen, später wurde er von der Polizei gestoppt und in ein Krankenhaus gebracht.

Als böser, böser Rapper sollte man halt nicht bei einer Krankenkasse arbeiten

Repper

In der Gangsta-Rapper-Branche geht es ja immer darum, wer die dicksten Eier hat. Diese Frage versuchen auch gerade Xatar (links) und KC Rebell zu klären. Im weiteren Sinne dient das natürlich dem Zweck, bitte schön beachtet zu werden.

(Foto: dpa)

Nach Angaben des Kölner Express soll bei dem 34-Jährigen ständig das Handy geklingelt haben, Anrufe von der "Rebell-Lounge" sollen eingegangen sein. Die gehört zu einer Kette von Shisha-Bars, deren Inhaber Hüseyin Köksecen im Rap-Business unter dem Namen KC Rebell auch eine Nummer ist - und auch schon die Nummer eins der Charts war. KC Rebell und Xatar liefern sich seit einiger Zeit eine Fehde, in der es letztlich darum geht, wer die dickeren Eier hat. Nach der Attacke auf einen aus seinem Umkreis postete KC Rebell ein Bild von sich mit etwa 30 grimmig aussehenden jungen Männern, die so aussahen, als kämen sie gerade vom Aufpumpen aus dem Fitnessstudio. Vor ihnen steht ein teures Auto und darunter die etwas schiefe Zeile. "Die Olympia findet grad in Köln statt. Nach dem ersten Knall rennen alle los." Nachdem einige Tage in Rap-Foren gewitzelt wurde, dass Xatar nicht nur in der Hitparade an Nummer eins stehe, sondern auch auf der Fahndungsliste, hat sich Giwar Hajabi, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, am Dienstag der Polizei gestellt. In Untersuchungshaft muss er aber nicht, wie ein Haftrichter entschied. Xatar habe eine Kaution hinterlegt. Zwei weitere Verdächtige sitzen in Haft. Über die Motive der Tat machen die Ermittler bisher keine Angaben. Den Albumverkäufen der beiden wird die Auseinandersetzung aber sicher guttun, als Gangsta-Rapper sollte man nicht bei der Krankenkasse arbeiten, es schadet nicht, immer mal wieder mit Gangstereien in Verbindung gebracht zu werden. Xatar ist unter den bösen Buben einer der bösesten, er hat mal Music-Business in London studiert, sich dann aber für den direkten Weg des Gangsta-Rapper entschieden, der kein Ausbildungsberuf ist.

Es begann mit dem Verdacht auf Drogenhandel und steigerte sich über Körperverletzung zu einer Verurteilung im Jahr 2010 wegen des Überfalls auf einen Goldtransporter, bei dem er und seine Komplizen Gold im Wert von etwa 1,7 Millionen Euro erbeutet haben, im Dezember 2014 wurde er aus der Haft entlassen. In einem Interview mit der Zeit sagte Xatar vor einigen Tagen, dass er seine deutschen Wurzeln besonders spüre, wenn er im Ausland sei. "Du vermisst die Ordnung." Die vermissen manche Bewohner des Belgischen Viertels nun auch.

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