Köln:Angriff auf der Domplatte

Sechs russische Hooligans greifen in Köln eine Gruppe spanischer Touristen an. Die Polizei verhaftet fünf von ihnen noch in der Innenstadt. Nun wird geprüft, ob sie auch an den Krawallen in Frankreich beteiligt waren.

Von Bernd Dörries

Sechs russische Hooligans haben am Donnerstagabend Station in Köln gemacht auf der Rückreise von der EM in Frankreich. Sie mischten sich unter die Touristen auf der Domplatte und fielen Zivilfahndern der Polizei auf, die dort seit den massenhaften sexuellen Übergriffen der Silvesternacht verstärkt patrouillieren. Die Russen waren betrunken und pöbelten, und sie begannen just in dem Moment, in dem die Polizei Verstärkung anforderte, auf drei spanische Touristen einzuprügeln. Die zwei Männer und eine Frau hatten vor dem Dom antifaschistische Aufkleber an einem Bauzaun angebracht, was den Russen missfiel, die laut Polizei einer rechtsradikalen Gruppe zugeordnet werden können. Es folgten Schläge und Tritte, einem Spanier wurde das Nasenbein gebrochen.

Die Polizei konnte fünf Hooligans in der Innenstadt festnehmen, der sechste wurde auf dem Flughafen Köln-Bonn aufgegriffen. Sein Gepäck wurde aus einer Maschine nach Ibiza geholt, er sitzt nun ebenfalls in Haft. Gegen fünf der sechs Tatverdächtigen beantragte die Staatsanwaltschaft Haftbefehl, ihnen wird gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt. Nach Angaben der Polizei hatten die Hooligans mit Quarzsand gefüllte Handschuhe, Zahnschutz und Masken zur Vermummung bei sich. Zudem besaßen sie Tickets für die bisher ausgetragenen EM-Spiele der russischen Mannschaft.

Die Russen waren am 10. Juni von Moskau nach Marseille geflogen, dort kam es am vergangenen Samstag zu Krawallen, mutmaßlich 150 organisierte russische Hooligans gingen auf englische Fans und Passanten los, 35 Menschen wurden verletzt. In Zusammenarbeit mit der französischen Polizei wollen die deutschen Ermittler nun prüfen, ob auch die in Köln festgenommenen Russen an den Krawallen beteiligt waren. In diesem Fall droht ihnen die Auslieferung.

Russlands Staatspräsident Wladimir Putin hat die Zusammenstöße zwischen russischen und englischen Hooligans am Freitag als "Schande" bezeichnet - zugleich aber die vermeintliche Täterrolle der russischen Hooligans relativiert. "Ich weiß wirklich nicht, wie 200 unserer Fans mehrere Tausend Engländer verprügeln konnten", sagte Putin ironisch bei einem Kongress in St. Petersburg. "Das verstehe ich nicht", meinte er zu den Berichten über die Krawalle in Marseille. Es werde "weniger Aufmerksamkeit dem Fußball als den Schlägereien der Fans geschenkt", kritisierte Putin.

An diesem Wochenende sollen insgesamt 20 der 43 im Zuge der Ermittlungen in Marseille verhafteten Russen von den Behörden des Landes verwiesen werden. Vom Flughafen Nizza geht es per Direktflug nach Moskau, was ähnliche Vorfälle wie jenen am Donnerstagabend in Köln verhindern soll.

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