Koch der Kanzlerin:Er macht Angela Merkel satt

Seine Schnitzel waren sogar schon Thema in einem Gerichtsverfahren. Ulrich Kerz kocht seit elf Jahren für Kanzlerin Merkel. Er weiß, was die Mächtigen dieser Welt gerne essen.

Nico Fried, Berlin

Wenn es ums Essen geht, schaut bisweilen die Chefin persönlich nach dem Rechten. Im Winter 2008 zum Beispiel, als Angela Merkel in der Finanzkrise 30 Herren von Unternehmen, Gewerkschaften und Verbänden ins Kanzleramt bat, warf sie in ihrem Vorzimmer einen Blick auf den Speiseplan. Chefkoch Ulrich Kerz hatte Rippchen mit Kraut vorgeschlagen, und die Kanzlerin garnierte ihre Zustimmung mit der nüchternen Bemerkung, es handele sich schließlich nicht um ein Galadinner, sondern um ein Arbeitsessen.

Ulrich Kerz: Der Koch der Kanzlerin

Er könnte so einiges ausplaudern: Ulrich Kerz bekocht Bundeskanzlerin Angela Merkel und ist Mitglied im "Club des Chefs des Chefs", dem 40 Chefköche von Staatsoberhäupter angehören. Der CCC gilt als der exklusivste gastronomische Verein der Welt und feiert in diesem Jahr seinen 35. Geburtstag.

(Foto: dpa)

Rippchen mit Kraut - rustikal, bodenständig, das ist die Küche, die Kerz, 53, besonders gut beherrscht und die viele auch besonders schätzen, die von ihm verköstigt werden. Im November 2001, Kerz war neu im Amt, hatte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder nach der gewonnenen Vertrauensabstimmung zum Afghanistan-Einsatz Appetit auf Kalbsleber und Kartoffelstampf. In Wärmebehältern wurde die Mahlzeit quasi in den Reichstag geschmuggelt - weil das dortige Kanzlerbüro eigentlich vom Catering des Bundestages beliefert wird. Jacques Chirac wiederum, ehemals französischer Präsident, wünschte sich stets "L'Eisbein" von Kerz. Angela Merkel isst gerne Kartoffelsuppe mit würziger Wurst, so zum Beispiel nach ihrer Wiederwahl im Oktober 2009.

Kerz war einst Schiffskoch auf der MS Deutschland, hat aber auch in noblen Hotelküchen gearbeitet. Im Hotel Adlon hat er dieser Tage seine Kollegen aus mehreren Hauptstädten zu Gast. Es ist Tradition im CCC, dem "Club der Chefs des Chefs", sich alle zwei Jahre zu bekochen. Am Freitag essen die Köche, unter ihnen auch mit Sternen dekorierte Küchenchefs aus Washington, Paris und Wien, mit Merkel.

Ein Schnitzel für Ackermann

Im Alltag bekocht Kerz die Kanzlerin, ihre engen Mitarbeiter, außerdem die Koalitionsrunden und Gäste im kleineren Kreis. Das vermutlich berühmteste Abendessen Merkels, ihre Einladung aus Anlass des 60. Geburtstags des damaligen Deutsche-Bank-Chefs Josef Ackermann im April 2008, erlebte sogar ein Nachspiel vor Gericht. Der ehemalige Greenpeace-Chef Thilo Bode klagte auf Herausgabe aller Unterlagen zu dem Essen, dessen Hauptgang aus Schnitzel mit Spargel bestand. In der vierstündigen Verhandlung vor dem Berliner Verwaltungsgericht wurde unter anderem allerhand Zeit auf die Details der Einkäufe des Chefkochs sowie deren Abrechnung verwendet - alles konnte zur allgemeinen Zufriedenheit dargelegt werden.

Bei großen Staatsbanketten greift das Kanzleramt, wohl auch aus Kapazitätsgründen, allerdings auf die Dienste verschiedener Restaurants in Berlin zurück. Dabei bekämpfte Merkel ziemlich lange einen Missstand, den sie bei Hauskoch Kerz nie zu beklagen hat: die Sparsamkeit in den Portionen. Vor allem zu viel Chichi bei den Beilagen ist der Kanzlerin zuwider. Eine Kartoffel, so ließ sie den externen Köchen ausrichten, möge bitte auch aussehen wie eine Kartoffel.

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