Kleidergebot:Züchtige Grüße von der Copacabana

In Rio de Janeiro dürfen fortan keine Postkarten mit halbnackten Frauen mehr verkauft werden, weil sie angeblich Sextouristen anlocken.

Bernd Radowitz

Brasiliens schönste Stadt hebt sich durch einiges hervor, das sich gut ablichten und verkaufen lässt: der Zuckerhut oder die weltberühmte Christusstatue etwa.

Eine durchaus beliebte Erhebung anderer Art soll jetzt verboten werden, zumindest auf Postkarten: weibliche Rundungen, vor allem jene, die nur sehr knapp bekleidet auf den Souvenirs präsentiert werden.

So hat es das Parlament des Bundesstaates Rio de Janeiro jetzt beschlossen. Ein neues Gesetz verbietet das Ausstellen oder den Verkauf von Postkarten von Frauen im Tanga, der hier liebevoll nur "Zahnseide" genannt wird.

"Falsche Sorte von Touristen"

"Diese Postkarten ziehen die falsche Sorte von Touristen an und ermutigen den Sextourismus", sagt die Abgeordnete Alice Tamborindeguy, die das Gesetz mit dem Kleidergebot auf Postkarten durchgesetzt hat. Das "Insistieren, die weiblichen Formen zu exhibieren, degradiert das Image unserer Stadt doch nur".

Rios Gouverneurin Rosinha Matheus hat jetzt 30 Tage, um das neue Gesetz abzusegnen, was als wahrscheinlich gilt, denn die Gouverneurin ist Evangelikale Christin.

Die meisten Einwohner von Rio haben die nackten Tatsachen auf den Karten bisher kaum gestört. Weibliche Rundungen werden in der Stadt des Samba ohnehin vergöttert, nicht zuletzt seitdem die Bossa Nova Ballade die Grazie des "Girl von Ipanema" in den sechziger Jahren verewigte.

"Nutzlos"

Carlos Ferreira, der Leiter des Verbundes brasilianischer Reisebüros in Rio, nennt das Gesetz denn auch "nutzlos". Man solle stattdessen die wirklichen Gründe sexueller Ausbeutung angreifen: Armut, Bildungsmängel und das gravierende Sozialgefälle.

Brasiliens Regierung startete im März eine Kampagne gegen die sexuelle Ausbeutung Minderjähriger durch Touristen, die unter anderem Hotels eine schärferen Kontrolle ihrer Gäste abverlangt. Der Erfolg bleibt noch abzuwarten.

Was volljährige Sex-Arbeiter betrifft hat sich die Lage jedoch nicht verändert. Die Copacabana ist weiterhin tags wie nachts gut bevölkert mit sowohl weiblichen als auch männlichen Prostituierten.

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