Kirche:Die mysteriösen Millionen des Klosters Neresheim

Kloster Neresheim

Eine spätbarocke Kirche, ein Museum, einen herrlichen Ausblick - das alles findet man im Kloster Neresheim. Und ein paar rätselhafte Millionen.

(Foto: Stefan Puchner/dpa)

Der Abt des schwäbischen Klosters hat nach seinem Tod ein Vermögen hinterlassen. Woher ist das Geld? Das versucht nun ein Gericht zu klären.

Von Josef Kelnberger, Stuttgart

Das Benediktinerkloster Neresheim, gelegen auf der Schwäbischen Alb, ist in jedem Fall einen Besuch wert. Wer sich für Kirchengeschichte interessiert, wird schier begeistert sein von diesem Ort. Die spätbarocke Kirche, erbaut nach den Plänen von Balthasar Neumann: ein Werk von europäischem Rang. Das Konventgebäude, vor Kurzem aufwendig saniert, beherbergt ein Museum, in dem sich die wechselvolle Geschichte der Abtei bis ins elfte Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Doch damit nicht genug. Wer zufälligerweise ein paar Millionen Euro vermisst - auch der wird möglicherweise fündig im Kloster Neresheim.

Belege über ein Vermögen von vier Millionen Euro fanden sich 2013 im Nachlass des über die Landesgrenzen hinaus bekannten, im Alter von 77 Jahren verstorbenen Abts und Cellerars Norbert Stoffels. Es handelt sich um ein offenbar einwandfreies Spendenkonto in Aalen und ein merkwürdiges Wertpapierkonto bei der Deutschen Bank in Krefeld im Wert von drei Millionen Euro. Niemand im Kloster habe von den Konten gewusst, hieß es damals. Und bis heute weiß niemand, wer Anspruch auf die Krefelder Millionen hat. Auch das Oberlandesgericht in Stuttgart brachte am Freitag kein Licht ins Dunkel.

Marcelli, ein schillernder Anwalt aus Krefeld

Stargast der Verhandlung war zweifellos Walter Marcelli, ein schillernder Anwalt aus Krefeld, der im eigenen Namen und im Namen zweier Mandantinnen Anspruch auf einen Teil des Geldes erhob, insgesamt 1,3 Millionen. Im rheinischen Singsang erzählte der ältere Herr seine Version der Geschichte. Marcelli verwaltete demnach das "Treugut Weinberg", das angeblich christlichen Zwecken dienen sollte. Er machte dabei gemeinsame Sache mit Abt Norbert, den er über familiäre Bande kannte, und parkte das Vermögen steuersparend beim "Kloster Neresheim e. V.". Marcelli war offenbar das Faktotum bei diesem Geschäft. Er ganz allein verwaltete das Konto und war angeblich auch treuhänderisch tätig für Anleger des Projekts Weinberg, zum Beispiel die beiden Frauen, in deren Namen er nun Geld eintreiben will. Das Problem: Die Frauen sind dement und wissen wohl gar nicht, dass Marcelli prozessiert, mittlerweile schon in zweiter Instanz. "Wir kennen Ihre Geschichte", sagte der Anwalt des Klosters Neresheim, "und wir glauben sie nicht." Einen Vergleich lehnte er ab. Am 22. November will das Gericht sein Urteil verkünden.

Selbst wenn Marcelli recht bekäme, bliebe ungeklärt, woher der restliche Teil der Millionen stammt. Geldwäsche? Keine Ahnung, sagte am Freitag ein Sprecher des Klosters. Wirtschaftsprüfer hätten keine Hinweise gefunden, wem das Geld gehört. Aus den Unterlagen sei auch nicht ersichtlich, ob und wie das Kloster respektive Abt Norbert vom verborgenen Weinberg profitierten. Das Konto wird derzeit nicht angerührt, aber gebrauchen könnten die Benediktiner von Neresheim die Millionen sehr wohl. Sie erwirtschaften zu wenig, um die Substanz des Klosters zu erhalten. Und Abt Norbert, der emsige Geldeintreiber, ist nicht mehr unter ihnen.

Das Neresheimer Kloster sieht sich nun sogar mit einer weiteren Klage konfrontiert. Die Nachfahren des früheren bayerischen Staatsministers Anton Jaumann wollen 30 000 Euro aus dem Erbe zurück, das Jaumanns Frau einst Abt Norbert vermacht hat. So viel Streit im Weinberg des Herrn.

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