Katastrophe von Sölden:Zweifel an der offiziellen Darstellung

Ein Augenzeuge des Seilbahntragödie von Sölden hat Zweifel an der offiziellen Darstellung angemeldet. Der Unglückhubschrauber sei "höchstens zehn bis zwölf, aber niemals 150 Meter" über der Seilbahn geflogen.

Die Hinterbliebenen der neun Opfer des Seilbahnunglücks von Sölden im September wollen die Ötztaler Gletscherbahnen und die beteiligte Hubschrauberfirma auf Schadenersatz verklagen. Ihre Rechtsanwälte argumentierten in einer Mitteilung vom Freitag, das Unglück sei vermeidbar gewesen.

Katastrophe von Sölden: Überlebende des Unglücks von Sölden werden am 5. September 2005 von einem Hubschrauber geborgen.

Überlebende des Unglücks von Sölden werden am 5. September 2005 von einem Hubschrauber geborgen.

(Foto: Foto: AP)

Indessen geht die Suche nach der Unglücksursache weiter. Der leitende Staatsanwalt in Innsbruck widersprach einer Zeugenaussage, wonach der Hubschrauber in geringer Höhe über die Seilbahn geflogen sei.

Aus den bisherigen Untersuchungen der Beschädigungen am Seil und am Kübel ergebe sich ein anderes Bild, sagte Staatsanwalt Rudolf Koll dem österreichischen Rundfunk ORF: "Der Kübel hat solche Dellen, wie es nur passieren kann, wenn er von oben auf das Seil fällt".

Betonkübel

Ein Augenzeuge des Unglücks hatte Zweifel an der offiziellen Darstellung angemeldet, der Hubschrauber sei in einer Höhe von mindestens 150 Metern über der Seilbahn geflogen und habe den 750 Kilogramms schweren Betonkübel verloren.

Der 51-Jährige, der selbst schwer verletzt wurde, hatte in der Gondel direkt unterhalb der Kabine gesessen, die von dem Betonkübel getroffen wurde. Er berichtete, der Pilot sei "höchstens zehn bis zwölf, aber niemals 150 Meter" über der Seilbahn geflogen. Der Betonkübel sei nicht von oben auf die Gondel gefallen, sondern noch am Haken hängend in das Gondelseil geraten.

Von Staatsanwalt bereits vernommen

Staatsanwalt Knoll sagte, der Zeuge sei bereits vernommen worden. Er sei überzeugt, dass diese Aussage nicht den Tatsachen entspreche. Er sei aber auch überzeugt, "dass dieser Mann glaubt, die Wahrheit zu sagen."

Unabhängig von den unterschiedlichen Zeugenaussagen konzentrieren sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Innsbruck auf die Flugroute.

Nach Informationen der Tiroler Tageszeitung wird untersucht, ob der Flug über die Seilbahn den Vorschriften entsprochen habe. Der leitende Staatsanwalt erklärte, Flugstrecke und Flugzeit habe allein der Pilot zu verantworten.

Die Voruntersuchungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen den Angestellten der Hubschrauber- Firma würden deshalb weiter geführt.

Entlastendes Gutachten

Ein Gutachten hatte den Piloten zu Wochenbeginn entlastet und eine Verkettung unglücklicher Umstände für den Unfall verantwortlich gemacht. Darin heißt es, ein Eisenspänchen, das durch Abrieb am Auslösemechanismus des Hubschraubers entstand, habe zu dem Unglück geführt. Es habe einen elektrischen Impuls ausgelöst, der zur Öffnung des Lasthakens geführt habe.

Bei dem Unglück am 5. September im Gletscherskigebiet am Rettenbachferner bei Sölden in Tirol waren neun Skifahrer ums Leben gekommen, darunter sechs Kinder.

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