Kaltenbrunner: Berg-Drama am K2:"Lieber Frederik, du warst ein feiner Mensch"

Bei dem Versuch, den K2 zu bezwingen, stürzte der Begleiter der Extrembergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner in den Tod. In einem dramatischen Funkspruch berichtete sie ihrem Mann davon.

Sie ist eine Getriebene - aber nicht um jeden Preis. Immer wieder hat sich die Österreicherin Gerlinde Kaltenbrunner dem K2 mit Respekt und ohne Sauerstoff genähert. Immer wieder scheiterte die Besteigung. Dramatisch endete jetzt die jüngste Expedition der Extrembergsteigerin auf 8611 Metern Höhe: Ihr schwedischer Kamerad Fredrik Ericsson stürzt vor ihren Augen mehr als 1000 Meter in den Tod. Der Extrem-Sportler hatte vor, von den drei höchsten Bergen der Welt mit Skiern abzufahren.

Berg-Drama am K2: Kaltenbrunner-Begleiter stürzt in den Tod

Berg-Drama am K2: Gerlinde Kaltenbrunners Begleiter stürzte bei schlechtem Wetter in den Tod.

(Foto: dpa)

Kaltenbrunner sei nun mit zwei Begleitern, die ihr entgegen geklettert waren, unverletzt auf dem Rückweg ins Basislager, sagt ihre Sprecherin Kathrin Furtner.

Fredrik, sein Freund Trey und Kaltenbrunner hätten sich erst am Fuße des Berges getroffen und entschieden, gemeinsam aufzusteigen. Kaltenbrunners eigentlicher Bergpartner und Ehemann - der deutsche Extrembergsteiger Ralf Dujmovits - habe sich wegen der Wetterbedingungen dagegen entschieden.

Dujmovits sandte nach Funkgesprächen mit seiner Frau einen ersten Bericht über den Unfall am unberechenbaren Berg: In der Nacht zu Freitag (Ortszeit) umwehte demnach ein starker Wind die Zelte im Lager IV, die Sicht war schlecht. Wegen ungewöhnlich warmer Temperaturen lösten sich immer wieder Steinbrocken. Trotzdem machten sich Kaltenbrunner und die beiden Männer - in der Hoffnung auf Wetterbesserung - auf den Weg Richtung Gipfel. Die anderen sechs Bergsteiger blieben in ihren Zelten. Stunden später kehrte auch Trey um. Kaltenbrunner und Ericsson meldeten sich vom berüchtigten Flaschenhals - der letzten gefährlichen Engstelle auf der Route zur Spitze.

Etwa um 8 Uhr morgens kam dann nach Angaben ihres Ehemannes der entsetzte Funkruf von Kaltenbrunner: Ericsson sei an ihr vorbei gestürzt. Wahrscheinlich war der Schwede beim Voranklettern ohne Seil im tiefen Schnee am Flaschenhals abgerutscht und hatte sich nicht mehr halten können. Kaltenbrunner fand nur einen seiner Ski und machte sich bei schlechter Sicht auf den Rückweg. Der russische Bergsteiger Yura Ermachek entdeckte die Leiche nach Schilderung Dujmovits später auf etwa 7500 Metern Höhe in extrem unwegsamen und gefährlichen Gelände.

Ericssons Vater entschied am Nachmittag, Retter nicht in Gefahr zu bringen und "Fredrik an dieser Stelle mit Blick zu seinen Lieblingsbergen, der Chogolisa und zum Laila-Peak, zu lassen". Ericsson sei im Lager der wahrscheinlich leistungsstärkste Bergsteiger und bei allen äußerst beliebt gewesen, meinte Dujmovits: "Lieber Fredrik, du warst ein feiner Mensch und wirst uns allen in großartiger Erinnerung bleiben."

Der K2, der steil aufragende Riese im Karakorum-Gebirge ist der einzige Achttausender, den Kaltenbrunner noch nicht bezwungen hat. Sechs Mal hat sie es bereits versucht, sechs Mal hat die Natur es verhindert. Obwohl der K2 an der pakistanisch-chinesischen Grenze nach dem Mount Everest nur der zweithöchste Berg der Welt ist, gilt er unter Alpinisten als der schwierigste Achttausender. Lange, steile Wände und extreme Wetter- und Windverhältnisse lassen dort immer wieder Extremsportler ihren Tod finden.

Kaltenbrunner hat es sich als eine der besten Bergsteigerinnen weltweit zum Ziel gemacht, alle Achttausender ohne Sauerstoffflasche zu bezwingen. Dies unterscheidet sie von Edurne Pasaban aus Spanien und Oh Eun Sun Südkorea. Beide Frauen standen zwar schon auf den Gipfeln der 14 höchsten Berge der Erde, griffen aber zu Beatmungsgeräten.

Als Wettbewerb sieht die Extremsportlerin ihren Beruf aber sowieso nicht: "Wenn es mir nur um den Rekord ginge, hätte ich überall die Normalwege genommen. Ich möchte auf jedem der 14 Achttausender Gipfel gestanden haben, doch ist es mir völlig egal, als wievielte Frau", sagte sie einmal.

Auch die Gesundheit gehe vor. Im Mai 2007 verschüttet eine Lawine bei der Besteigung des Dhaulagiri Kaltenbrunners Team. Zwei spanische Bergkameraden sterben, Kaltenbrunner überlebte knapp dank einer Luftblase und grub sich selbst aus den Schneemassen aus. Zwei Monate später bezwang sie mit dem Broad Peak ihren zehnten Achttausender.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: