Kachelmann-Prozess:In der Schwebe

Im Kachelmann-Prozess steht die Vernehmung des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers an. Doch das Verfahren gegen den Wettermoderator könnte von vorne beginnen - weil die Verteidigung die Richter für befangen hält.

Hans Holzhaider

Der Prozess gegen den Wettermoderator Jörg Kachelmann soll an diesem Montag fortgesetzt werden, obwohl über einen Ablehnungsantrag gegen die drei Berufsrichter der 5. Großen Strafkammer am Landgericht Mannheim noch nicht entschieden ist. Kachelmann, 52, wird beschuldigt, im Februar 2010 die 37-jährige Claudia D. vergewaltigt zu haben.

Fortsetzung des Prozesses gegen Joerg Kachelmann

Jörg Kachelmann wird beschuldigt, die 37-jährige Claudia D. vergewaltigt zu haben.

(Foto: dapd)

Die Vernehmung des mutmaßlichen Opfers war am vorigen Mittwoch schon nach der Feststellung der Personalien unterbrochen worden, weil Kachelmanns Verteidiger die drei Berufsrichter der Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnten. Über den Antrag muss nach der Strafprozessordnung (StPO) bis zum Beginn des übernächsten Verhandlungstags - das ist der kommende Mittwoch - entschieden werden. Bis dahin erlaubt die StPO die Fortsetzung der Verhandlung mit den abgelehnten Richtern.

Anlass für den Befangenheitsantrag war die Weigerung des Gerichts, die Zeugin darüber zu belehren, dass sie nach Paragraph 55 der StPO die Auskunft auf Fragen verweigern darf, durch deren Beantwortung sie sich selbst der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat verfolgt zu werden.

Da Kachelmann die ihm zur Last gelegte Vergewaltigung bestreitet, muss sich das Gericht ein Urteil darüber bilden, ob die von der Zeugin erhobenen Beschuldigungen glaubhaft sind oder nicht. Wenn Claudia D. die Vergewaltigung nur erfunden hätte, müsste sie bei wahrheitsgemäßer Beantwortung entsprechender Fragen mit einer Strafverfolgung wegen falscher Verdächtigung und Freiheitsberaubung rechnen.

Der Vorsitzende Richter Michael Seidling hatte die Zeugin dennoch nur über ihre Wahrheitspflicht, aber nicht über ihr Auskunftsverweigerungsrecht belehrt. Den Antrag von Kachelmanns Verteidiger Reinhard Birkenstock, die Belehrung nachzuholen, wies Seidling ohne Begründung zurück.

Birkenstock beantragte daraufhin einen Gerichtsbeschluss. Nach längerer Beratung verkündete Seidling, der Antrag sei unzulässig, weil Kachelmann durch das Unterlassen der Belehrung "nicht beschwert" sei."

Durch die Ablehnung der Belehrung habe das Gericht bekundet, dass es eine Strafverfolgung der Zeugin bei wahrheitsgemäßer Aussage für ausgeschlossen halte, argumentieren Kachelmanns Verteidiger.

Das ließe den Schluss zu, dass die Richter keine Zweifel am Wahrheitsgehalt der gegen Kachelmann erhobenen Beschuldigungen hätten. Sollte dem Ablehnungsantrag stattgegeben werden, müsste der Prozess von vorne beginnen.

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