Kachelmann-Prozess:Hinter verschlossenen Türen

Der Prozess gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann wird zur Geheimsache. Die Öffentlichkeit darf die Aussagen seiner Freundinnen, der Nebenklägerin und deren Mutter nicht hören.

Hans Holzhaider

Der Vergewaltigungsprozess gegen den Wettermoderator Jörg Kachelmann entwickelt sich mehr und mehr zu einem Geheimverfahren. Nachdem in der vergangenen Woche schon eine Freundin Kachelmanns, die ihn bei seiner Rückkehr von den Olympischen Winterspielen in Kanada am Frankfurter Flughafen abgeholt hatte, unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen wurde, mussten Zuschauer und Journalisten am Mittwoch während der Zeugenvernehmung der Mutter des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers erneut den Gerichtssaal verlassen, obwohl weder die Staatsanwaltschaft noch die Verteidigung und der Nebenklagevertreter einen entsprechenden Antrag gestellt hatten.

BERICHTIGUNG - Prozess gegen Kachelmann - Gerichtszeichnung

Die Zeichung eines Gerichtszeichners zeigt den angeklagten Wettermoderator Jörg Kachelmann (rechts) und seinen Anwalt Reinhard Birkenstock während der Verhandlung vor dem Landgericht in Mannheim.

(Foto: dpa)

Auch an den nächsten Verhandlungstagen, wenn ehemalige Freundinnen Kachelmanns vernommen werden sollen, ist mit dem Ausschluss der Öffentlichkeit zu rechnen. Die Nebenklägerin Claudia D., 37, die Kachelmann beschuldigt, sie in ihrer Wohnung in Schwetzingen vergewaltigt zu haben, soll erst am 13. Oktober als Zeugin aussagen.

Dass frühere oder auch aktuelle Freundinnen Kachelmanns, von denen das Gericht sich Erkenntnisse über den Umgang des Angeklagten mit Frauen und über seine sexuellen Gepflogenheiten erhofft, nicht vor Publikum aussagen müssen, stößt allgemein auf Verständnis. Kachelmanns Verteidiger Reinhard Birkenstock hatte vergeblich gefordert, auf diese Zeuginnen ganz zu verzichten, weil sie nichts zur Wahrheitsfindung in Bezug auf die behauptete Vergewaltigung beitragen könnten.

Keine der Frauen hat bisher, soweit das bekannt ist, etwas über eine nicht einvernehmliche Gewaltanwendung in ihren Beziehungen mit Kachelmann berichtet. Dass die Vernehmung der einzigen wirklichen Belastungszeugin Claudia D. so lange zurückgestellt wurde, begründete der Vorsitzende Richter Michael Seidling damit, dass der vom Gericht beauftragte psychiatrische Sachverständige Hans Ludwig Kröber aus Termingründen vorher nicht am Prozess teilnehmen könne.

Der erneute Ausschluss der Öffentlichkeit während der Vernehmung der Mutter von Claudia D. wurde von Prozessbeobachtern überwiegend kritisch kommentiert. Claudia D. war am Morgen nach der behaupteten Vergewaltigung zu ihren Eltern gekommen, die in unmittelbarer Nähe wohnen. Der Vater hatte, nachdem ihm seine Tochter von den Ereignissen in der vorangegangenen Nacht berichtet hatte, die Polizei angerufen und dann den Hörer an Claudia D. weitergegeben. Der Vorsitzende Richter begründete den Ausschluss der Öffentlichkeit damit, dass in der Vernehmung Sachverhalte aus dem engsten Familienbereich zur Sprache kämen.

Die Staatsanwaltschaft hat den von Kachelmanns Verteidigern beauftragten Rechtsmediziner Bernd Brinkmann wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Brinkmann hatte sich schon vor der Hauptverhandlung zu den Verletzungen geäußert, die Claudia D. ihren Angaben zufolge bei der Vergewaltigung erlitten hatte - eine Schürfwunde am Hals und Hämatome an den Innenseiten der Oberschenkel. Dabei habe Brinkmann "dezidiert auf ein Szenario hingearbeitet, das dem Wunsch seines Auftraggebers entspricht", sagte Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge. Brinkmanns Aussage, eine "Selbstbeibringung" der Verletzungen sei "möglich oder sogar wahrscheinlich", lasse sich nicht begründen und erwecke den Eindruck, "hier werde einseitig zugunsten des Auftraggebers Stimmung gemacht", sagte Oltrogge. Das Gericht stellte die Entscheidung über den Befangenheitsantrag zurück.

Der Prozess gegen Jörg Kachelmann wird sich voraussichtlich länger als geplant hinziehen. Das Gericht hat Termine bis zum 21. Dezember festgesetzt. Ursprünglich sollte das Urteil schon Ende Oktober verkündet werden.

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