Razzia bei der "Bunten" gefordert:Kachelmann greift Burda-Verlag an

Jörg Kachelmanns neuer Verteidiger will die Redaktionsräume von "Focus" und "Bunte" durchsuchen lassen. Der Vorwurf: Die Magazine hätten mit bezahlten Zeuginnen den Prozess beeinflusst.

Jörg Kachelmanns Verteidiger hat im Prozess gegen den Wettermoderator beantragt, die Redaktionen der Zeitschriften Bunte und Focus durchsuchen zu lassen. Dabei sollten Schriftstücke und Datenträger sichergestellt werden, die geeignet sein sollen, Kachelmann zu entlasten, sagte Verteidiger Johann Schwenn vor dem Landgericht Mannheim. Er warf den Magazinen "üble Nachrede und Beeinflussung des Verfahrens" vor.

Kachelmann-Prozess - Anwälte

Kachelmanns neuer Verteidiger mischt den Prozess gegen den Wetterexperten mächtig auf. Nun will Johann Schwenn zwei Zeitschriftenredaktionen durchsuchen lassen.

(Foto: dpa)

Schwenn bezog sich dabei auf Kontakte zu ehemaligen Geliebten des Moderators, die sowohl als Zeuginnen vor Gericht aussagten als auch der Bunten Interviews gegeben hatten.

Auch dem Focus warf er vor, selektiv Prozessinformationen zu veröffentlichen, die nach Ansicht Schwenns das Verfahren zum Nachteil Kachelmanns beeinflussen sollten. Das Magazin Focus hatte am Montag dieser Woche eine neue angebliche Belastungszeugin präsentiert.

Er stützte seinen Verdacht auf einen Bericht in der jüngsten Focus-Ausgabe, demzufolge eine Zeugin in der Schweiz Kachelmann schwer belastet. Die Frau soll der Staatsanwaltschaft Mannheim telefonisch von Gewaltübergriffen Kachelmanns wenige Wochen vor der angeblichen Vergewaltigung berichtet haben, schreibt das Magazin. Als Schweizerin will die Frau aber nicht vor dem deutschen Gericht erscheinen.

Schwenn äußerte die Vermutung, dass es sich um eine bezahlte und geführte Zeugin des Burda-Verlags handele. Denn es sei auszuschließen, dass das Magazin von der Zeugin durch Prozessbeteiligte erfuhr.

Der Verteidiger äußerte den Verdacht, dass diese und andere Frauen vom Burda-Verlag geführt worden seien, damit sie im Prozess vor dem Landgericht Mannheim bestimmte Aussagen machen.

Kritik am Vorgänger

Zudem kritisierte er seinen Vorgänger Reinhard Birkenstock. "Es wundert mich, dass die Verteidigung das bisher nicht gesehen hat." Die Pflichtverteidigerin Andrea Combé nahm Schwenn von der Kritik aus, weil sie "faktisch entmündigt war". Die Staatsanwaltschaft erklärte, dass alle Frauen zunächst bei der Staatsanwaltschaft aussagten, bevor sie Kontakt zur Presse hatten. Ihre Aussagen seien folglich festgehalten gewesen, bevor sie sich in den Medien äußerten.

Nach dem Antrag Schwenns wurde die Verhandlung für kurze Zeit zur Beratung unterbrochen. Zuvor hatte das Gericht mit der seit längerem geplanten Vernehmung des Sachverständigen Günter Seidler begonnen. Der Heidelberger Psychotherapeut hatte das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer behandelt. Er wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen.

Focus-Sprecher Jonas Grashey erklärt zu Schwenns Äußerungen: "Die Chefredaktion von Focus sieht in dem Auftritt des Kachelmann-Verteidigers Schwenn ein vordergründiges Ablenkungsmanöver. Focus hält sich an die Aufgabe der Presse, über dieses Verfahren zu berichten und Realitäten aufzuklären."

Kachelmann steht seit dem 6. September wegen Vergewaltigung vor Gericht. Seine ehemalige Geliebte beschuldigt ihn, er habe sie mit einem Messer bedroht und vergewaltigt. Kachelmann bestreitet das.

Vor allem Seidlers These, dass Erinnerungslücken des mutmaßlichen Opfers auf eine Traumatisierung zurückzuführen sein könnten, ist zwischen Anklage und Verteidigung umstritten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: