Kabarettist Ringsgwandl über Tebartz-van Elst:Spüre den Schmerz

Vatican orders German bishop of bling to take sabbatical

Der Limburger Bischof Tebartz-van Elst.

(Foto: dpa)

Bete für Zuhälter, segne jedes Loch auf dem Golfplatz der Reichen oder rudere von Lampedusa nach Tunesien und entschuldige dich für die Kreuzzüge. Was Papst Franziskus dem Bischof Tebartz-van Elst predigen könnte - ein Gedankenspiel.

Ein Gastbeitrag von Georg Ringsgwandl

Dass der Limburger Bischof die Millionen hinausrauschen lässt und dann noch so tut, als wär' es nicht so, hat, dem katholischen Gott/Allah/Jachwe/Manitou sei Dank, so viel Empörung hervorgerufen, dass sich im Vatikan etwas bewegt hat. Das Geld ist aber nicht der eigentliche Skandal. Wirklich unverschämt sind die Arroganz und die Selbstherrlichkeit, mit der sich gerade der obere Klerus in seinen zum Teil staatsfinanzierten Reservaten immer noch austoben darf.

Als Achtjähriger erfuhr ich, dass der Pfarrer nach dem Hochamt am Sonntag immer bei feinen Leuten, wie man damals sagte, zum Mittagessen eingeladen war, bei Geschäftsleuten, Ärzten, Juristen oder gehobenen Beamten. In das Glasscherbenviertel, in dem ich aufwuchs, kam er nie. Schlimmer noch: Von so einer Familie eingeladen zu werden hätte er als Beleidigung empfunden. Klar, am stilvoll gedeckten Tisch einer wohlhabenden Arztfamilie bei gebildetem Gespräch dezent mit dem Silberbesteck zu klappern ist angenehmer, als sich in der essensdampfgeschwängerten Enge einer kleinen Wohnküche mit ungehobelten Unterschichtlern um einen linoleumgedeckten Winztisch zu drängen.

Das ist gut fünfzig Jahre her. Seitdem haben sich die Kirchen geleert. Ohne großen Effekt auf den Klerus, der sich immer noch eifrig damit beschäftigt, ob die Gläubigen den Sündenkatalog beachten. Die Anerkennung des Christentums als Staatsreligion im Jahre 380 hat man uns in der Schule als Triumph des Guten über das Böse erklärt. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher. So wie in staatlichen Theatern nicht unbedingt die beste Schauspielerei zu sehen ist, ist die staatsfinanzierte Kirche nicht zwangsläufig die dem Menschen zuträglichste.

"Die Wohlstandskultur macht uns unempfindlich."

Eine Aufgabe der Bischöfe wäre, den Ballast abzubauen, der sich in Jahrhunderten von Staatskirchenexistenz angestaut hat. Ein Haufen dogmatischer Hokuspokus, den man glauben muss, weil man sonst der Sünde anheimfällt. Ungläubig zu sein galt beim Klerus immer als schweres, wenn nicht gar todbringendes Vergehen. Unmenschlichkeit dagegen wurde viel seltener gerügt. Verständlich, die Unerfüllbarkeit vieler katholischer Verhaltensmaßregeln ist unerlässlich, um die Gläubigen im Zustand der Sünde, also im Zustand des schlechten Gewissens zu halten. An dieser Stelle ist das Christentum dem Kommunismus näher, als ihm lieb ist.

Mir gefällt der neue Papst. Die erste Dienstreise machte er nach Lampedusa, und sagte dort: "Wir haben uns an die Leiden anderer gewöhnt. Es betrifft uns nicht, es interessiert uns nicht, es geht uns nichts an. Die Wohlstandskultur macht uns unempfindlich für die Schreie der anderen und führt zur Globalisierung der Gleichgültigkeit."

Da schöpfe ich wieder Hoffnung. Vielleicht gelingt es ihm, die Kirche so zu formen, wie sie ursprünglich gedacht war, wie sie eigentlich sein sollte, wonach der Mensch sich sehnt: dass sie eine Instanz ist außerhalb des Rattenrennens, jenseits von Wachstumswahn und Gewinnmaximierung, dass es einen Bereich der Welt gibt, in dem es nicht um Quoten und Verkaufszahlen geht, wo der Wert eines Menschen nicht an Macht und Kontostand gemessen wird.

Keine einfache Aufgabe. Der Papst soll das Ansehen einer Kirche verbessern, die sich hoffnungslos von der Wirklichkeit entfernt hat, und muss dabei noch aufpassen, nicht von seinen Kurienkardinälen vergiftet zu werden. Und das alles mit jenseits der fünfundsiebzig. Das geht nur mit höherem Beistand.

"Die schlimmeren Tebartz-van Elste sind ja noch im Amt"

Die Kirche müsste wieder eine wirkliche moralische Instanz sein. Nicht durch Strafpredigten und Verkünden unerfüllbarer Forderungen, sondern durch eigenes Vorbild. Der Klerus meint aber, er könne heute noch strenge Sittenforderungen an die Schäfchen stellen, während sich der Hirte mit seinem Freund vergnügt.

Georg Ringsgwandl in München, 2012

Der bayrische Kabarettist, Liedermacher und Arzt Georg Ringsgwandl, 62, hat sich immer wieder mit der katholischen Kirche auseinandergesetzt.

(Foto: Claus Schunk)

Vielleicht hat Gott den neuen Papst wirklich persönlich geschickt. Mit dieser Kraft im Hintergrund könnte Franziskus den hoffärtigen Bischof mit dem aufgeplusterten Namen noch einmal zu sich zitieren, ihm gehörig den Kopf waschen und ihm ein Programm kostengünstiger Reisen auferlegen. Er könnte ihm eine kleine Predigt halten: "Schluss mit den Erste-Klasse-Flügen nach Indien. Du wirst, begleitet von den wenigen, die dir geblieben sind, zu Fuß von Limburg nach Süden pilgern. Du wirst auf Autobahnbrücken haltmachen und den Verkehr segnen. Bete für die Lkw-Fahrer und sprenge mit deiner Wurzelbürste Weihwasser auf die Raser. Pilgere nach Kronberg.

Segne jedes Loch auf dem Golfplatz der Reichen und Prominenten, bete für die Erfolgreichen und Erkalteten. Wandere die Taunushänge hinab nach Frankfurt. Zelebriere eine Fronleichnamsprozession im Finanzviertel. Baue vor jedem Bankenturm einen Altar aus Bierkisten auf. Bete für die Broker und Fondsmanager: Mögen eure Seelen nicht Schaden nehmen, wenn ihr Geschäfte einfädelt, die hungernde Arbeitssklaven unter den Betontrümmern einer Textilfabrik in Bangladesch begraben. Haltet inne, ehe eure Raffgier afrikanische Bauern von ihren Feldern vertreibt.

Wenn niemand dich begleitet, gehe alleine. Wandere durchs Bahnhofsviertel, bleibe vor einem Puff stehen und bete für die Zuhälter, auf dass sie milde werden und den geschundenen Mädchen Folter und Todesstrafe ersparen. Pilgere nach Hanau und bete für die Ingenieure der Nuklearfabrik. Rudere mit eigenen Händen von Lampedusa nach Tunesien hinüber und entschuldige dich bei den Arabern für die Kreuzzüge.

Es mag dir schwerfallen, aber vielleicht rettest du auf dem Weg übers Meer ein paar Verzweifelte vor dem Ertrinken. Ziehe sie aus der kalten Flut, auch wenn es sich um götzengläubige Heiden handelt. Hilf ihnen, auch wenn sie sich nicht taufen lassen. Erkläre ihnen, dass sie sich nicht fürchten müssen. Inquisition und Hexenverbrennung seien nun aus der Mode. Eingeborene würden heute nicht mehr so massakriert wie die Inkas bei der Eroberung von Peru."

"Cross-eyed and painless", knurrt der Papst dem zitternden Franz-Peter noch zu, das ist die Art von liturgischem Gesang, den du genauer studieren solltest. Talking Heads, 1980. Das stand im deinem Priesterseminar wohl nicht auf dem Lehrplan. Soutane und Schmuck bleiben hier, bescheidet der Heilige Vater den Bischof aus dem hessischen Kaff, und während er ihn strumpfsockig zur Baracke hinausschickt, denkt er sich, was für ein unzünftiger kleiner Hedonist. Dann muss er sich wieder aufs eigene Überleben konzentrieren.

Die schlimmeren Tebartz-van Elste sind ja noch im Amt. Sie werden auf ihren Komfort gewiss nicht ohne Kampf verzichten.

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