Justizirrtum:Acht Jahre unschuldig in Haft

Ein falsches Gutachten brachte ihn hinter Gitter. Nun erhält ein 50-Jähriger Schmerzensgeld - von dem Experten, der das Papier damals schrieb.

Das Oberlandesgericht Frankfurt stockte die ursprünglich vom Landgericht Hanau festgesetzte Summe von rund 58.000 Euro noch um rund 92 000 Euro auf. Der Sachverständige muss nun 150.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. (Az: 19 U 8/07).

Hessischer Justizverwaltungsbeamter beim Oberlandesgericht in Frankfurt

Hessischer Justizverwaltungsbeamter beim Oberlandesgericht in Frankfurt

(Foto: Foto: ddp)

Der Sachverständige hatte den wegen Bankraubs angeklagten Mann in einem Prozess in Nürnberg anhand von Bildern einer Überwachungskamera als Täter identifiziert. Der Angeklagte war daraufhin 1994 in Nürnberg verurteilt worden. Nach seiner Haftentlassung meldete sich der wahre Täter.

Das Gutachten des aus Hessen stammenden Sachverständigen war maßgeblich für die Verurteilung des Mannes gewesen. Der Experte hatte gesagt, der auf dem Foto einer Überwachungskamera abgebildete Bankräuber sei "zu nahezu 100 Prozent" der Angeklagte.

"Eine schlimme Sache"

Wie die Richter des Frankfurter Oberlandesgerichts im Urteil nun feststellten, war das Gutachten des Sachverständigen "objektiv falsch". Durch die Erkenntnisse des grob fahrlässig handelnden Experten seien im Strafverfahren alle Zweifel an der Täterschaft verschleiert worden, sagte Senatsvorsitzender Peter Martenstein.

Der Sachverständige habe auch "den wissenschaftlichen Standard der Vergleichsforschung" nicht beachtet. Wegen der in Aussicht stehenden sehr hohen Haftstrafe hätte das Gutachten sorgfältiger bearbeitet werden müssen. "Unschuldig in Haft zu sitzen ist eine schlimme Sache", sagte Martenstein.

Der wahre Täter ist nach Angaben eines Nürnberger Justizsprechers inzwischen zu elf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. In das Strafmaß sei allerdings noch ein zweiter Bankraub eingeflossen.

Das 50 Jahre alte Justizopfer, ein Hausmeister, lebt heute im oberfränkischen Pegnitz. Der Freistaat Bayern hatte an ihn 24.000 Euro Haftentschädigung gezahlt.

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