Justiz:Tod einer Studentin

In Dessau wurde eine hilfsbereite Chinesin zum Opfer eines schrecklichen Sexualverbrechens. Das Landgericht sprach nun das Urteil gegen die beiden Täter, von denen einer der Stiefsohn des Polizeipräsidenten ist.

Von Laura Hertreiter

Mehr als acht Monate lang waren entsetzliche Details über den Tod der Studentin Yangjie Li vor dem Landgericht Dessau-Roßlau vorgetragen worden. Details, die erschütterten. Am Freitag fiel das Urteil gegen die beiden 21-Jährigen, die die 25 Jahre alte Chinesin laut Begründung brutal vergewaltigt und zu Tode gequält haben. Die Vorsitzende Richterin sprach von einem "unfassbaren Verbrechen". Die Studentin "musste ihr Leben lassen, weil die Angeklagten ihre sexuellen Fantasien ausleben wollten".

Urteilsverkündung nach Mord an chinesischer Studentin

Der Angeklagte Sebastian F. wurde der Vergewaltigung und des Mordes schuldig gesprochen und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

(Foto: Sebastian Willnow/dpa)

Sie verkündete eine lebenslange Haftstrafe für Sebastian F. wegen Vergewaltigung und Mordes, das Gericht stellte eine besondere Schwere der Schuld fest, eine Haftentlassung nach 15 Jahren ist demnach unmöglich. Seine Ex-Freundin Xenia I. wurde zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten wegen sexueller Nötigung verurteilt. Die beiden sollen zudem 60 000 Euro Schmerzensgeld an die Opferfamilie zahlen.

Familie Li wartete zur Zeit der Urteilsverkündung in China auf den Anruf von Anwalt Sven Peitzner. Er schilderte den Eltern der Toten seit Monaten, was der Prozess ergab - und ließ dabei aus, was für Eltern nicht zu ertragen ist. Als er nach dem Urteil mit ihnen telefonierte, sei das Paar erleichtert gewesen, sagt er. "Die beiden sind froh, dass der Angeklagte niemandem mehr etwas antun kann."

Uda Schmidt, Vorsitzende Richterin

"Wir haben es hier mit einem unfassbaren Verbrechen zu tun. Sie musste ihr Leben lassen, weil die Angeklagten ihre sexuellen Fantasien ausleben wollten"

Am Abend des 11. Mai 2016 war Yangjie Li, die für ein Architekturstudium aus China nach Dessau gezogen war, zum Joggen im Park. 100 Meter vor der Haustür winkte ihr dann eine Nachbarin zu, sie brauche Hilfe in der Wohnung. Bilder der Überwachungskamera eines Ladens nebenan zeigen, wie sich Li noch einmal umschaute. Dann folgte sie Xenia I. in das Haus.

Dort begann, was der Gerichtsmediziner in der Verhandlung einen "mehrstündigen, schmerzhaften Todeskampf" nannte. Sebastian F. fiel über die Frau her, schleppte sie in eine leere Wohnung, vergewaltigte sie. Das Gericht folgte den Schilderungen von Xenia I., sie habe irgendwann ihre Kinder in der Wohnung im zweiten Stock zu Bett gebracht, während ihr damaliger Freund die Studentin ein Stockwerk tiefer zu Tode quälte.

Die Polizei dokumentierte Blutspritzer an den Wänden in drei Metern Höhe, die Leiche fand man unter Nadelbäumen, erschlagen, gebrochene Knochen, zerbissene Haut. Keine Stelle am Körper, die nicht blutunterlaufen war, sagte die Staatsanwältin. Sebastian F. sprach später von einem Unfall bei einvernehmlichem Sex zu dritt. Vor Gericht schwieg er weitgehend, nach der Urteilsverkündung kündigte er an, Revision einlegen zu wollen. F. ist der Stiefsohn des Dessauer Polizeichefs und Sohn einer Polizistin. Der zwischenzeitliche Verdacht, die beiden könnten die Ermittlungen beeinflusst haben, bestätigte sich nicht. Das Gericht erkannte die Einschätzung von Experten an, die beiden Angeklagten Persönlichkeitsstörungen attestierten. Bei Sebastian F., der schon als Kind in Therapie war, wurden sie als verfestigt beurteilt, bei Xenia I. könne man auf eine Besserung hoffen. Die Anklage hatte acht Jahre Jugendhaft für sie gefordert, aber eine Beteiligung am Mord konnte ihr nicht nachgewiesen werden. Familie Li will Revision einlegen. Xenia I. hatte umfassend ausgesagt. Sie sei selbst von F. missbraucht und gequält worden. Am Tattag habe er gedroht, sie zu verlassen, wenn sie nicht eine Frau für ihn besorge.

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