Justiz:Im Fahrverbot für Straftäter liegt eine Chance

A 99-West vor Eröffnung, 2006

Ein Fahrverbot nicht nur für Verkehrsdelikte, sondern für ganz normale Straftaten könne ein wirksames Instrument sein, teilten die Präsidenten der Oberlandesgerichte mit.

(Foto: Stephan Rumpf)

Ein Autoverbot könnte dem Strafrecht die abschreckende Wirkung zurückgeben, die es bei kleinen Delikten eingebüßt hat. Mehr als bei anderen Reformen kommt es auf die einfühlsame Umsetzung durch die Gerichte an.

Kommentar von Wolfgang Janisch

Die Präsidenten der Oberlandesgerichte haben gerade einen verhalten positiven Kommentar zu einem Uraltthema der Rechtspolitik abgegeben. Ein Fahrverbot nicht nur für Verkehrsdelikte, sondern für ganz normale Straftaten könne ein wirksames Instrument sein, teilten sie zum Abschluss ihrer Jahrestagung mit. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), dessen Gesetzentwurf zum Fahrverbot auf den letzten Metern ist, mag sich über den Beistand freuen.

Interessant ist die Wortmeldung aber aus einem anderen Grund: Mehr als bei anderen Reformen wird es von einer intelligenten Umsetzung durch die Gerichte abhängen, ob die neue Sanktion eine Unwucht im System der Strafen beseitigt - oder diese Unwucht vergrößert. Wenn die sonst nicht eben reformfreudige Justiz nun Offenheit signalisiert, dann ist das ein Indiz dafür, dass der Plan mit dem Autobann für Straftäter aufgehen könnte. Allen Bedenken zum Trotz.

Um einmal mit den Bedenken zu beginnen: Sie sind durchaus gewichtig. Die Idee, beispielsweise halbstarke Jungmänner dort zu treffen, wo sie empfindlich sind, leuchtet zwar intuitiv sofort ein. Wer sich über PS-Stärken und Reifenbreite definiert, den wird ein Verzicht mehr schmerzen als eine kleine Bewährungsstrafe. Aber weil die Welt der Kleindelinquenten eben nicht nur aus Autofahrern besteht, kann ein Fahrverbot Ungerechtigkeiten produzieren.

Wer beruflich aufs Auto angewiesen ist oder wer auf dem Land wohnt, ist ungleich härter betroffen als derjenige, der mit der S-Bahn zur Arbeit fahren kann. Würde ein Kleinkrimineller durch ein Fahrverbot aus seinem Job herausgerissen, wäre das sogar kontraproduktiv - ein Arbeitsplatz senkt das Rückfallrisiko.

Kurze Gefängnisstrafen gelten eher als schädlich denn als nützlich

Das Fahrverbot ist nun jedoch als ein flexibles Instrument angelegt. Es kann mit Geldstrafen kombiniert werden oder auch unnötige Haftstrafen vermeiden - und trotzdem wehtun. Dadurch könnte sich das Fahrverbot als Chance erweisen, dem Strafrecht ein wenig von der abschreckenden Wirkung zurückzugeben, die es gerade bei kleinen Delikten eingebüßt hat.

Denn kurze Gefängnisstrafen gelten eher als schädlich denn als nützlich. Und Geldstrafen bringen Menschen mitunter ins Gefängnis, weil sie nicht bezahlen - obwohl das Gericht doch die Freiheitsstrafe gerade nicht für passend hielt. Das System der Strafen ist zu starr, zu unflexibel. Das Fahrverbot, mit Klugheit und Zurückhaltung eingesetzt, kann es aufbrechen. Wie man vom Jugendstrafrecht weiß, ist Flexibilität beim Strafen sinnvoll; dort kann das Gericht mit Sozialstunden und gemeinnütziger Arbeit passgenaue Sanktionen schneidern.

Womit man bei der Wortmeldung der Justiz wäre. Fahrverbote dort und nur dort zu verhängen, wo sie sinnvoll sind, ist aufwendiger, als auf den Gehaltszettel zu schauen und eine Geldstrafe auszuwerfen. Kostet ein Fahrverbot den Angeklagten den Job? Oder kostet es ihn zusätzliche Mühe, weil er auf die Bahn ausweichen muss? Tut es nur weh, oder wirft es einen Menschen aus der Spur? Aber solche Ermittlungen sind den Richtern nicht fremd. Die Wirkungen ihrer Urteile müssen sie seit jeher im Blick haben. Justitia trägt keine Augenbinde, sondern schaut hin. Man solle die Urteilsfähigkeit der Richter nicht unterschätzen, gab einer der Präsidenten zu Protokoll.

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