Jugendgewalt:Führerscheinentzug für Schläger

Neue Abschreckungsstrategie für jugendliche Gewalttäter: Karlsruhe und Heilbronn bestrafen Schläger mit dem Entzug des Führerscheins.

Bernd Dörries

Die fünf Jugendlichen hatten ordentlich getrunken auf dem Heilbronner Weinfest und suchten Ärger. Es dauerte nicht lange, dann lagen zwei Erwachsene am Boden, denen mit den Füßen ins Gesicht getreten wurde.

Es ist ein Fall, wie er sich in Deutschland jeden Tag dutzendfach abspielt. Ein Fall, der viele genauso ratlos macht wie der Tod von Dominik Brunner, der schützend eingriff, als Jugendliche in der Münchner S-Bahn Kinder bedrohten.

Seitdem diskutieren Experten darüber, was man gegen Jugendgewalt unternehmen kann. In Heilbronn glauben sie, zumindest etwas gefunden zu haben, was Jugendliche abschreckt. Es ist der Entzug des Führerscheins.

"Das ist viel effektiver"

"Der Schein ist ein Schritt in die Unabhängigkeit, dafür sind viele bereit, zur Vernunft zurückzukehren", sagt Heilbronns Bürgermeister Harry Mergel. Seit 1. Oktober kann jugendlichen Gewalttätern der Führerschein schneller entzogen werden, wenn sie geschlägert haben oder zu betrunken waren. Oder beides. Die fünf Jugendlichen vom Weinfest sind wohl die Ersten, sie werden in den kommenden Tagen einen Brief bekommen von der Stadt, mit einer gelben Karte drin.

"Sollten Sie Ihr Verhalten nicht ändern und erneut auffallen, kann dies Folgen haben", steht in dem Anschreiben. Wenn nicht, kommt die rote Karte und damit der wahrscheinliche Führerscheinentzug, man muss zur medizinisch-psychologischen Untersuchung, dem Idiotentest. "Das ist viel effektiver als Jugendarrest und Sozialstunden", sagt Bürgermeister Mergel. Das Vergehen der Jugendlichen muss auch nicht in Zusammenhang mit dem Fahren eines Autos stehen.

Nach der Fahrerlaubnisverordnung kann der Führerschein demjenigen verweigert werden, der dafür "charakterlich nicht geeignet ist". Eine mangelnde charakterliche Eignung sieht die Führerscheinstelle bereits bei einem Alkoholgehalt von 1,6 Promille, bei Pöbeleien und Körperverletzung.

Die fünf Schläger vom Weindorf haben noch gar kein Auto, ihnen wird der Erwerb des Führerscheins erschwert. Sie müssen erst einmal ihre Eignung nachweisen, also zum Idiotentest gehen, bevor sie mit den Fahrstunden beginnen.

Das Konzept der gelben Karte stammt aus Karlsruhe, wo seit November 2008 fast 50 Verwarnungen ausgesprochen wurden. "Wir haben händeringend nach einem Instrument gesucht, um Einfluss auf die Jugendlichen zu nehmen", sagt Björn Weiße, der Leiter des Karlsruher Ordnungsamtes. Weiße bekommt nun viele Anrufe von Kommunen aus ganz Deutschland, die sein Konzept übernehmen wollen.

Politiker wie die bayerische Justizministerin Beate Merk fordern seit Jahren "den Ausbau des Fahrverbots zu einer eigenständigen Strafe des Jugendstrafrechts". Letztlich können die Behörden schon heute fast all das tun, was Merk sich wünscht: Jugendrichter können den Führerscheinentzug als Teil der Strafe verordnen. In manchen Städten wie München arbeiten die Führerscheinstellen Gerichtsakten durch und suchen nach Auffälligkeiten, nach Jugendlichen mit Gewaltpotential. So konsequent wie in Heilbronn und Karlsruhe ist man aber sonst noch nirgends.

"Wir bringen die Jugendlichen zum Nachdenken", sagt Weiße aus Karlsruhe. Oft helfe es.

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