Journalisten besuchen Fukushima:Mit Block und Geigerzähler

Trümmerhaufen, umgekippte Fahrzeuge, bröckelnde Fassaden: Das havarierte Atomkraftwerk in Fukushima bietet auch Monate nach dem verheerenden Erdbeben ein Bild der Verwüstung. Jetzt durften erstmals Journalisten auf das Gelände.

Die japanischen Behörden haben erstmals einer Gruppe von Journalisten Zugang zum Unglücksreaktor von Fukushima gewärt. Acht Monate nach dem schweren Reaktorunglück fuhren am Samstag etwa 30 Reporter, darunter vier Ausländer, in Schutzkleidung auf das Reaktorgelände. Der Kraftwerksbetreiber Tepco wollte mit der Besichtigung zeigen, dass er die Probleme am Unglücksreaktor allmählich in den Griff bekommt.

Officials from TEPCO and Japanese journalists look at the crippled Fukushima Daiichi nuclear power plant from a bus in Fukushima

Tepco-Mitarbeiter und Journalisten auf dem Gelände des Atomkraftwerks Fukushima: Erstmals gewährten die Behörden der Presse Zugang zum Unglücksreaktor.

(Foto: REUTERS)

Der Schauplatz der schwersten Atomkatastrophe seit dem Reaktorunglück von Tschernobyl 1986 bot ein Bild der Verwüstung: durch den Tsunami umgekippte Fahrzeuge, abbröckelnde Gebäudefassaden, Trümmerhaufen und große Wasserpfützen, die noch immer Teile des weiträumigen Geländes bedecken. Die Journalisten konnten unter anderem einige der beschädigten Reaktorblöcke von außen betrachten. Sie mussten Schutzkleidung tragen und wurden im Anschluss an die Tour auf radioaktive Strahlung hin untersucht.

Der für Atomkraftwerke zuständige Minister Goshi Hosono sagte bei der Besichtigung am Samstag, er sei nun zum vierten Mal seit der Katastrophe zu dem Kraftwerk gereist und habe "jedes Mal das Gefühl, dass sich die Bedingungen verbessern". Zugleich äußerte er die Prognose, es werde noch mindestens 30 Jahre dauern, bis die Schäden des Unglücks beseitigt seien.

Auf dem Reaktorgelände arbeiten laut Tepco an Werktagen rund 3200 Menschen und am Wochenende die Hälfte. Vier Atommeiler sind in unterschiedlicher Schwere beschädigt, der Reaktor 3 ist weitgehend zerstört. Nach Angaben der japanischen Regierung und der AKW-Betreiberfirma Tepco ist die Gefahr des Austritts radioaktiver Strahlung inzwischen weit weniger groß als in den ersten Tagen der Atomkrise. In der unmittelbaren Umgebung der Reaktoren wurde eine Strahlenbelastung von 300 Mikrosievert pro Stunde gemessen. Der Richtwert der japanischen Regierung zur Evakuierung eines bewohnten Gebietes liegt bei 20 Millisievert (20.000 Mikrosievert) pro Jahr.

Das Unglück von Fukushima vom 11. März dieses Jahres wurde durch eine schwere Tsunami-Flutwelle nach einem Erdbeben verursacht. Die Atomanlage steht nur zehn Meter über dem Meeresspiegel, die Flutwelle war 14 Meter hoch. Durch das Unglück gelangten hohe Strahlungsdosen in die Luft, ins Meer und in die Nahrungskette; unmittelbare Todesfälle wurden nicht bekannt. Wegen der Verstrahlung wurde ein Gebiet im Umkreis von 20 Kilometern evakuiert.

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