Japan: Pläne für Fukushima:Stahlbarrieren gegen die radioaktive Brühe

Die Proteste werden lauter, doch aus dem Unglücks-AKW Fukushima wird länger als geplant radioaktives Wasser ins Meer gepumpt. Zugleich stellt der Kraftwerksbetreiber Stahlwände zwischen Reaktor und Meer auf, um eine weitere Verseuchung des Ozeans zu verhindern.

Japan wird aus dem Unglücks-AKW Fukushima-1 trotz der Proteste aus dem Ausland noch einen Tag länger radioaktives Wasser ins Meer pumpen. Die Abpumparbeiten sollten am Sonntag beendet werden, teilte die Atomsicherheitsbehörde in Tokio mit. Der Kraftwerksbetreiber Tepco hatte vor sechs Tagen damit begonnen, schwachradioaktives Wasser von einem Auffangbecken ins Meer abzulassen, um Platz für stärker verstrahltes Wasser zu schaffen. Ursprünglich sollte dies am Samstag abgeschlossen werden, doch wurden die Arbeiten durch das neue Beben am Donnerstag zurückgeworfen.

Earthquake and tsunami disaster aftermath in Japan

Eine Japanerin sitzt vor den Trümmern ihres Hauses. Der Tsunami hatte es komplett weggeschwemmt.

(Foto: dpa)

Ein Leck im Block 2, aus dem tagelang eine hochgiftige Brühe unkontrolliert in den Ozean geströmt war, konnte unterdessen gestoppt werden. Doch die Sorge um den Pazifik bleibt: Wie der staatliche Nachrichtensender NHK unter Berufung auf Tepco berichtete, gingen die Strahlungswerte im Meerwasser vor Fukushima zuletzt wieder deutlich nach oben. In Proben vom Donnerstag war die Jod-Belastung demnach 2800-fach so hoch wie der Grenzwert. Einen Tag zuvor hatte die Strahlung die zulässigen Werte um das 1000-Fache überschritten.

Nun will der Betreiber Tepco mit Stahlwänden eine schlimmere Verseuchung des Pazifiks verhindern. Arbeiter begannen am Samstag, die Barrieren an einem Kanal zwischen dem Meer und Reaktorblock 2 zu errichten. Mit sieben Stahlplatten will der Konzern die Meerwasser-Ansaugleitung an dem Meiler umschließen, wie die Nachrichtenagentur Kyodo berichtete. Der Zulauf war schon vor der Katastrophe vom 11. März wegen Wartungsarbeiten mit Stahlplatten verschlossen worden. Der Tsunami spülte sie aber weg. Auf 120 Metern plant Tepco nun zudem eine Barriere aus Schlamm.

Zugleich legte der Reaktorhersteller Toshiba einen ehrgeizigen Plan zur weiteren Zukunft der AKW-Ruine vor. Vier beschädigte Reaktoren sollen demnach innerhalb von zehn Jahren abgebaut werden. Diese Zeit werde benötigt, "um Brennstäbe in den Behältern und verbrauchte Brennstäbe in den Abklingbecken der vier Reaktoren herauszuholen, mehrere Anlagen abzureißen und die Bodenbedingungen zu verbessern", berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo. Der vorgeschlagene Zeitrahmen entspricht nur zwei Dritteln der Zeit, die für den Abbau des US-Kraftwerks Three Mile Island nötig war, in dem es 1979 zu einer Kernschmelze gekommen war. Das Unternehmen glaubt dem Bericht zufolge, von den Erfahrungen seiner US-Tochter Westinghouse Electric mit dem Abbau von Three Mile Island profitieren zu können.

Nach neuem Erdbeben noch immer 270.000 Haushalte ohne Strom

Die japanische Atomaufsicht verschärfte unterdessen die Sicherheitsnormen für alle 55 Kernreaktoren in Japan. Fortan müssten für jeden Reaktor mindestens zwei Notstromaggregate bereitstehen, um eine Unterbrechung des Kühlkreislaufs zu verhindern, teilte die Behörde mit. Sie reagierte damit auf Stromausfälle im AKW Higashidori während des starken Nachbebens am Donnerstag. Dort war nur ein Generator verfügbar gewesen, zwei weitere waren gerade in der Wartung.

Ruhig blieb die Lage im Kernkraftwerk Onagawa. Dort war beim Nachbeben die Kühlung in den Reaktoren bis zu 80 Minuten lang ausgefallen. Einige Liter radioaktiv verseuchten Wassers waren aus Abklingbecken für Brennstäbe geschwappt. Die Zahl der Todesopfer dieses Nachbebens stieg am Samstag auf fünf. Eine 84-Jährige, die unter Möbeln eingeklemmt war, starb in einem Krankenhaus in der Stadt Sendai, wie Kyodo berichtete. Fast 270.000 Haushalte im betroffenen Nordosten des Landes waren auch am Samstag noch ohne Strom. Insgesamt sind nach bisherigen Bilanzen infolge des Erdbebens und des Tsunamis vor knapp einem Monat mindestens 12.876 Menschen gestorben, 14.865 weitere gelten als vermisst und sind wahrscheinlich tot.

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