Japan nach dem Super-GAU:Starker Taifun bedroht Atomruine Fukushima

Während die Arbeiter in dem havarierten Kernkraftwerk Fukushima gegen Radioaktivität und Massen verseuchten Wassers kämpfen, nähert sich auch noch ein Taifun der Katastrophenregion im Nordosten Japans. Betreiber Tepco warnt, die zerstörte Anlage sei nicht auf heftige Regenfälle und starke Winde vorbereitet.

Ein Taifun bereitet den Reparaturtrupps in der japanischen Atomruine Fukushima Sorgen. Der starke Wirbelsturm Songda näherte sich am Samstag von der südlichen Inselprovinz Okinawa kommend und droht, auch die Katastrophenregion im Nordosten des Landes in den nächsten Tagen mit heftigen Regenschauern heimzusuchen.

Japan nach dem Super-GAU: Arbeiter der Betreiberfirma Tepco und Experten der Internationalen Atomenergiebehöre auf einer Inspektionstour durch die Atomruine Fukushima-1: Der zerstörten Anlage droht nun neue Gefahr durch einen Tsunami.

Arbeiter der Betreiberfirma Tepco und Experten der Internationalen Atomenergiebehöre auf einer Inspektionstour durch die Atomruine Fukushima-1: Der zerstörten Anlage droht nun neue Gefahr durch einen Tsunami.

(Foto: AP)

Nach Angaben des japanischen Wetterdiensts wütete Songda am Samstag mit einer Windgeschwindigkeit von bis zu 216 Stundenkilometern vor der japanischen Insel Miyakojima vor der Küste Taiwans. Er könnte möglicherweise bis Montag die Hauptstadt Tokio erreichen und in Richtung des etwa 200 Kilometer entfernten Fukushimas weiterziehen.

Die zerstörte Anlage sei nicht ausreichend auf heftige Regenfälle und starke Winde vorbereitet, berichtet die Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf den Betreiberkonzern Tepco. Zwar ließ der Betreiber in den vergangenen Wochen Bindemittel um die zerstörten Reaktoren streuen, damit nicht radioaktiver Staub durch Wind und Regen aufgewirbelt und so in die Luft oder das Meer gelangt. Einige der Reaktorgebäude klaffen jedoch offen, nachdem Wasserstoffexplosionen in Folge des Megabebens und Tsunamis vom 11. März 2011 die Gebäude zerstört hatten. Tepco plant, die Gebäude abzudecken. Allerdings wird diese Maßnahme nicht vor Mitte Juni geschehen.

Unterdessen gerät Premier Naoto Kan wegen seines Krisenmanagements verstärkt unter Druck. Ein Berater Kans wurde von der Nachrichtenagentur Kyodo mit den Worten zitiert, man werde alles unternehmen, ein weiteres Ausbreiten der radioaktiven Verseuchung durch den sich nähernden Taifun Songda zu verhindern.

Doch Kan droht bald ein Misstrauensvotum durch die beiden größten Oppositionsparteien. Die Liberaldemokratische Partei (LDP) und die Komeito Partei hoffen, eine Rebellion innerhalb Kans regierender Demokratischer Partei (DPJ) zu entfachen.

Seit längerer Zeit wächst in Kans Lager der Unmut gegen den Premier. Sein schärfster innerparteilicher Widersacher Ichiro Ozawa machte in einem Zeitungsinterview keinen Hehl aus seiner Haltung: "Ich denke, je eher er ausgewechselt wird, desto besser."

Radioaktive Partikel auf dem Meeresgrund

Kan selbst zeigte sich jedoch am Samstag bei seiner Rückkehr vom G8-Gipfel gegenüber japanischen Journalisten zuversichtlich, ein Misstrauensvotum zu überstehen. Er gehe davon aus, dass seine Partei das Votum geschlossen abschmettern werde.

Doch die schlechten Nachrichten für den Premier reißen nicht ab: Die japanische Nachrichtenagentur Jiji Press berichtet unter Berufung auf Untersuchungen des Wissenschaftsministeriums, dass im Meeresboden vor der Küste der Provinz Fukushima ungewöhnlich hohe Mengen an radioaktiven Partikeln gefunden worden seien. Nach Angaben des japanischen Wissenschaftsministeriums haben die Werte gesundheitsgefährdendes Niveau, sollten sie auch in Fisch und Meeresfrüchten nachgewiesen werden.

Bodenproben in einer Tiefe von 126 Metern, etwa 30 Kilometer östlich der Atomruine, hätten 320 Becquerel an Cäsium-137 pro Kilogramm enthalten, hieß es. Die Proben wiesen demnach zudem 260 Becquerel an Cäsium-134 und 2,7 Becquerel an Jod-131 auf. Bei einer regulären Untersuchung vor rund zwei Jahren seien lediglich ein Becquerel an Cäsium-137 gefunden worden. Cäsium-134 sei damals nicht gemessen worden, hieß es weiter. Die jüngsten Proben seien zwischen dem 9. und 14. Mai an 12 Stellen zwischen den Katastrophenprovinzen Miyagi und Chiba genommen worden.

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