Jackson-Prozess:Finale Schlammschlacht

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Vor Beginn der Schlussplädoyers geht es im Missbrauchs-Verfahren noch einmal um Genitalien-Fotos, Masturbation und geldgierige Kläger.

Von Andrian Kreye

Der Missbrauchs-Prozess gegen Michael Jackson geht seinem Ende zu. Nach dem amerikanischen Volkstrauertag am Montag und formaljuristischen Beratungen am Dienstag werden Staatsanwalt Tom Sneddon und Jacksons Verteidiger Thomas Mesereau von Mittwoch an letzte Gelegenheit haben, die Jury mit ihren Schlussplädoyers zu überzeugen.

Michael Jackson am 27. Mai 2005 (Foto: Foto: Reuters)

Dann beginnen die Beratungen der Geschworenen, die beurteilen werden, ob und in welchen der zehn Anklagepunkte der Sänger schuldig ist. In der letzten Woche der Verhandlungsphase, die Freitag offiziell zu Ende ging, verbuchten beide Seiten noch einmal kleine Etappensiege.

Am Mittwoch hatte die Verteidigung den bekannten Schauspieler Chris Tucker als Zeugen aufgerufen, der den Eindruck bestätigte, dass die Mutter des Klägers eine geldgierige Gaunerin ist. Tucker sagte, er habe Jackson wiederholt vor dem Knaben und seiner Familie gewarnt. Dann war die Staatsanwaltschaft an der Reihe.

Richter Rodney Melville lehnte es ab, Fotos von den Genitalien Jacksons aus einem früheren Prozess als Beweismittel zuzulassen.

Staatsanwalt Tom Sneddon hatte ursprünglich geplant, einen jungen Mann zu befragen, der Jackson 1993 wegen ähnlicher sexueller Übergriffe angeklagt und die berüchtigten Zeichnungen von Hautverfärbungen auf Jacksons Geschlechtsteil angefertigt hatte. Der damals Minderjährige, der mit einer Zahlung von 20 Millionen Dollar abgefunden wurde, hat sich allerdings nach Südafrika abgesetzt.

Stattdessen zeigte Tom Sneddons Team am Freitag ein Polizeivideo von der ersten Vernehmung des aktuellen Klägers. Auf dem etwa einstündigen Band hatte der Junge zwei Kriminalbeamten zu Protokoll gegeben, Jackson habe ihn mehrere Male betrunken gemacht und sexuell belästigt.

"Er hat seine Hand in meine Hose getan", sagt der Junge auf dem Band. "Er sagte, er wolle mir zeigen, wie man masturbiert, und wenn ich nicht wolle, würde er es für mich tun. Dann hat er meine Intimsphäre angefasst. Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht machen will, aber er hat weitergemacht."

Das Video war ein letzter großer Erfolg für die Anklage. Zum einen war offensichtlich, dass der Junge bei seiner ersten Vernehmung nicht vorbereitet worden war. Zum anderen deckten sich seine damaligen Aussagen mit denen im Gerichtssaal. Überraschenderweise verzichtete die Verteidigung darauf, zur Entkräftung des Videos noch einmal den Kläger als Zeugen aufzurufen.

Beobachter vermuten, dass Jacksons Anwalt Thomas Mesereau seine Kräfte für das Schlussplädoyer bündeln will. Jacksons Verteidiger und die meisten Rechtsexperten, die derzeit die Talkshows bevölkern, sind zuversichtlich, dass Jackson vom Vorwurf der sexuellen Belästigung des damals 13jährigen Knaben freigesprochen wird.

Doch reicht es, wenn man Jackson in nur einem Punkt schuldig spricht. Für die Weitergabe von Alkohol an Minderjährige drohen dem Sänger etwa bis zu drei Jahre Gefängnis, allein für "den Versuch einen unzüchtigen Akt an Minderjährigen zu verüben" bis zu vier Jahre.

© SZ vom 30.05.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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