Italien: Neue Affäre um Berlusconi:Baby Baby, Bunga Bunga

Mit seinem "großherzigen" Einsatz für ein Partygirl sorgt Italiens Ministerpräsident Berlusconi erneut für Schlagzeilen. Er soll eine minderjährige Marokkanerin vor dem Gefängnis bewahrt haben.

Andrea Bachstein, Rom

Der Name ist Programm: Ruby Rubacuore - Ruby Herzensbrecherin, so nennt sich die junge Frau, die Protagonistin neuer Enthüllungen über Laster von Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi ist. Ruby, noch minderjährig aber mit vollen Kurven gesegnet, war in der Villa des Premiers in Arcore bei Mailand zu Gast. Zu den Umständen gibt es widersprüchliche Aussagen. Der wahre Name der in Sizilien aufgewachsenen Marokkanerin ist Karima, und sie ist sicher keine Nichte von Ägyptens Präsident Mubarak, als die Berlusconi sie präsentiert haben soll.

Silvio Berlusconi

Italiens Premier Silvio Berlusconi steht wieder in der Kritik.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Ihre Vorgeschichte ist eher traurig, mit 14 riss sie von zu Hause aus, und dann auch aus Heimen, in die sie kam. Sie soll geklaut und sich prostituiert haben und hoffte in Mailand ins Showgeschäft zu kommen. Sex mit Berlusconi habe sie nicht gehabt, sagt sie. Aber unter anderem hat sie über ein Ritual namens "Bunga Bunga" im Hause des Premiers berichtet, von dem öffentlich nichts Genaues bekannt ist, es wird mit Gruppensex in Verbindung gebracht. Die Affäre füllt jetzt viele Seiten in italienischen Medien, teils mit Fakten, teils mit Vermutungen.

Der Premier spricht von "Medienmüll", die Oppositionspartei PD fordert seinen Rücktritt. Es könnte um Amtsmissbrauch gehen. Nicht nur darum, dass Berlusconi möglicherweise seine aus anderen Skandalen bekannte Gewohnheit beibehalten hat, bezahlte Unterhalterinnen unter seine Gäste zu mischen. Als Ruby schon seine Bekanntschaft gemacht hatte, wurde die 17-Jährige im Mai in Mailand festgenommen. Die Frau, bei der sie vorübergehend wohnte, hatte Anzeige erstattet wegen Diebstahls von Schmuck und Rolex-Uhren sowie einigen Tausend Euro in bar. Die Polizei vernahm das Mädchen. Sie hatte keine Papiere, aber die Polizei stellte schnell fest, dass sie minderjährig und aus einem Heim entlaufen war.

Sie durfte telefonieren, und während sie befragt und erkennungsdienstlich behandelt wurde, zeigte sich, dass sie offenbar die richtige Nummer gewählt hatte: Aus dem Amtssitz des Premiers in Rom gingen beteiligten Polizisten zufolge insistierende Anrufe ein: Ruby sei eine Nichte des ägyptischen Präsidenten. Sie solle sofort entlassen werden und nicht wie vorgeschrieben in ein Heim gebracht werden. Die Polizei gab irgendwann nach. Ruby wurde Berlusconis früherer Zahnhygienikerin anvertraut, die seit März für seine Partei im Regionalrat sitzt.

Wer genau aus dem Palazzo Chigi in Rom anrief, ist nicht bekannt. Berichten zufolge soll es der Chef von Berlusconis Personenschützern gewesen sein, der, als er nichts ausrichten konnte, den Hörer dem Premier weitergereicht haben soll. Berlusconi leugnet eine Intervention für Ruby nicht. Darauf angesprochen sagte er bei einem Termin zur Müllkrise in Neapel: "Ich habe ein Herz. Wenn ich Leuten in Schwierigkeiten helfen kann, tue ich es." Am Rande des EU-Gipfels in Brüssel präzisierte Berlusconi später: "Ich habe nur jemanden angegeben, der sie in Obhut nehmen konnte."

Der Kontakt zu Berlusconi ergab sich für Ruby über zwei alte Freunde des Premiers: Emilio Fede, 79, Nachrichtenchef des zum Berlusconi-Konzern gehörenden Fernsehenders Rete 4. Er bestätigt, Ruby im Hause des Premiers getroffen zu haben. Der andere ist eine schillernde, in Italien bekannten Figur: Lele Mora, ein Agent im Showgeschäft mit guten Verbindungen. Gegen Fede und Mora wird nun angeblich wegen Begünstigung von Prostitution ermittelt, weil sie für bezahlte weibliche Abendgäste gesorgt haben sollen, die Rede ist von 5000 Euro Belohnung.

Der Zeitung Repubblica zufolge erzählte Ruby den Ermittlern, sie sei seit Februar drei Mal zu Gast gewesen in der Villa des Premiers. Beim ersten Mal seien dort er und Fede gewesen sowie etwa 20 Frauen. Darunter zwei Ministerinnen und diverse Frauen aus der Fernsehwelt und Escort-Girls. Sie selbst sei mit Geschenken versehen um zwei Uhr nachts wieder zu Hause gewesen. Beim zweiten Besuch seien wieder Gäste aus Politik und Fernsehen dagewesen, da habe sie erstmals wie die anderen an "Bunga Bunga" teilgenommen. Irgendwann sei sie als einzige bekleidet gewesen. Der dritte Besuch sei ein ruhigeres Abendessen gewesen, bei dem auch George Clooney Gast gewesen sein soll. Aber vieles ist noch ungewiss an der Affäre. So hat Ruby inzwischen der Zeitung Stampa erklärt, sie sei nur einmal in Arcore gewesen, und der Premier habe sie nicht wiedersehen wollen, als er erfuhr, dass sie nicht wie behauptet 24 Jahre alt ist. Berlusconi machte am Freitag in Brüssel gute Miene zu dem heiklen Thema: "Ich läche, wenn ich all den Blödsinn lese, den Zeitungen behaupten", sagte er. "Ich muss mich niemandem erklären, in mein Haus kommen nur anständige Leute." Und er ließ noch wissen: "Nichts bringt mich dazu, meinen Lebensstil zu ändern."

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