Italien:Mafia ohne Paten

Italien: Der us-amerikanische Filmschauspieler Marlon Brando in der Rolle des Familienoberhauptes Don Vito Corleone in dem Coppola-Film "Der Pate" von 1972.

Der us-amerikanische Filmschauspieler Marlon Brando in der Rolle des Familienoberhauptes Don Vito Corleone in dem Coppola-Film "Der Pate" von 1972.

(Foto: dpa)

Vor Jahren weigerte sich der sizilianische Erzbischof Michele Pennisi, einen Mafiaboss zu beerdigen. Jetzt geht er noch weiter: Mitglieder der Cosa Nostra dürfen in seiner Diözese keine Taufpaten mehr sein.

Von Oliver Meiler, Rom

Zu den vielen Mysterien der Mafia gehört, dass sich ihre Mitglieder, auch die blutrünstigsten unter ihnen, um ihr Seelenwohl sorgen - durchaus so, wie es der Kanon der katholischen Kirche definiert. Und wenn sie sich zu Lebzeiten nicht darum kümmerten, bemühen sich in aller Regel ihre Familien darum, dass posthum alles wieder irgendwie in Ordnung kommt.

Michele Pennisi, der Erzbischof von Monreale in Sizilien, wurde vor bald zehn Jahren landesweit bekannt, weil er sich weigerte, die Beerdigungsmesse für einen Boss zu zelebrieren. Dem Clan wäre dafür nur die Kathedrale gut genug gewesen. Doch der Monsignore sperrte sich und erhielt danach Todesdrohungen. Seitdem steht er unter Polizeischutz. Seine Entschlossenheit im Kampf gegen die Mafia hat das nicht gebrochen.

Nun macht Pennisi, mittlerweile 70 Jahre alt, erneut Schlagzeilen mit einem Entscheid, der der Cosa Nostra missfallen dürfte. Wie die Zeitung Giornale di Sicilia berichtet, hat der Bischof in einem Dekret verfügt, dass Paten fortan in seiner Diözese nicht mehr als Tauf- und Firmpaten auftreten dürfen. Betroffen sind davon so trist bekannte Orte wie Corleone, San Giuseppe Jato und Partinico, die alle in seinen Zuständigkeitsbereich gehören. In dem Erlass heißt es, dass die Mitglieder von "mafiösen und mehr oder weniger geheimen Verbänden" nicht würdig seien für die Funktionen von Taufe und Firmung. Sie stünden sogar mit ihren "unehrenhaften Taten" und ihrem "skandalösen Verhalten" im Widerspruch zum Evangelium des Herrn. Für die Kirche gelten sie als exkommuniziert. So sagte es der Papst in einer Messe in Kalabrien vor drei Jahren.

Mit der Verfügung reagiert der Erzbischof auf einen konkreten Vorfall, der sich im vergangenen Februar in Corleone zugetragen hat. Giuseppe Salvatore Riina, der Sohn des früheren Superbosses Salvatore "Totò" Riina, der derzeit eine zehnfache lebenslange Haft absitzt, gab bei der Taufe eines Neffen den Paten. Riina junior reiste dafür aus dem norditalienischen Padua an, wo er unter Arrest steht, nachdem er wegen Zugehörigkeit zur Mafia zu einer Haftstrafe von acht Jahren und zehn Monaten verurteilt worden war. Für die Reise besaß er eine richterliche Erlaubnis, und für seine Rolle als Taufpate hatte ihm ein Pfarrer in Padua ein Eignungszertifikat ausgestellt. Der diensttuende Priester in Corleone mochte seinen Vorgesetzten nicht darüber unterrichten. Die Taufe erfolgte also ohne das Wissen des Erzbischofs.

Als Michele Pennisi dann im Nachhinein von der Feier vernahm, bezeichnete er den Entscheid als "tadelig" und "unpassend". Er werde die nötigen Vorkehrungen treffen, sagte er, dass so etwas nie wieder vorkomme. An dieses Wort hat er sich gehalten.

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