Italien akzeptiert das Rauchverbot:Espresso ohne blauen Dunst

Im Weinrestaurant Del Frate im römischen Viertel Prati sind alle Tische besetzt. Handys klingeln, die Gäste plaudern, im Hintergrund läuft leise Musik. Alles scheint wie immer - nur die Luft ist so gut.

Von Christiane Kohl

Kein einziger Raucher sitzt am Tisch, und niemand scheint das zu vermissen.

Italien akzeptiert das Rauchverbot: Die Zeiten, da ein gemütliches Café, eine Tasse Espresso und eine Zigarette eine Einheit bildeten, sind in Italien vorbei.

Die Zeiten, da ein gemütliches Café, eine Tasse Espresso und eine Zigarette eine Einheit bildeten, sind in Italien vorbei.

(Foto: Foto: ddp)

Auf die Frage, ob man sich eine Zigarette anzünden dürfe, macht die Kellnerin ein Gesicht, als stamme der Wunsch aus einer anderen Welt: "Nein, rauchen dürfen Sie hier natürlich nicht", erklärt sie lächelnd.

Eine Ecke weiter in der traditionsreichen Kaffee-Bar Castrino reagiert die Dame an der Kasse nachgerade verwundert auf die Zigaretten-Frage: "Hier wird schon länger nicht geraucht", sagt sie, "und alle respektieren das".

Viel diskutiert wurde das Gesetz zum Rauchverbot in Italien während der vergangenen Tage; seitdem die Regelung aber am Montag in Kraft trat, scheint die Umsetzung völlig reibungslos zu verlaufen.

Wo immer man hingeht, ob ins Restaurant oder in ein Behördenbüro - überall fallen die kleinen, rot umrandeten Schilder ins Auge: "Non fumare", nicht rauchen, steht darauf.

Zumindest in Norditalien keinen "in flagranti" ertappt

ie Leute halten sich offenbar daran. So erwischten die Ordnungshüter in Mailand bei der Kontrolle von 160 Lokalen am Montag keinen einzigen Raucher "in flagranti", auch in Rom wurden keine Zwischenfälle bekannt. Einzig im italienischen Süden fielen ein paar Qualm-Dissidenten auf.

So entdeckten die Krankenschwestern eines Hospitals in Neapel nach einem Bericht der römischen Zeitung La Repubblica zwei rauchende Patienten. Im Justizpalast von Catania wurden drei Raucher auf frischer Tat ertappt, und in Palermo stellte die Polizei gar fünf Strafbefehle aus.

Die Meinungsforscher verwundert es nicht, dass der Übergang ins rauchfreie öffentliche Leben so komplikationslos verläuft. Nach einer Umfrage des Instituts Eurisko befürworten 91 Prozent der Italiener das Anti-Rauch-Gesetz, und nur acht Prozent sind dagegen.

Nicht einmal der Zigaretten-Gigant Philipp Morris ("Marlboro") protestiert, die Firma rechnet mit einem Rückgang des italienischen Tabakkonsums um drei Prozent. Trotzdem hat eine Initiative mit Namen "io fumo" (ich rauche) ein Referendum gegen das Gesetz angekündigt, und der Verband der Einzelhändler will die Rechtmäßigkeit der Regelung gerichtlich überprüfen lassen.

Espresso ohne blauen Dunst

Verbandspräsident Sergio Billé stört sich daran, dass die Restaurantbesitzer zu "einer Art Sheriff im Staatsdienst" gemacht würden, da sie laut Gesetz die Einhaltung des Rauchverbots selbst kontrollieren müssen.

Spezielle Lüftungsanlagen für Restaurants

Mehr noch aber dürfte den Verbandsfunktionär ärgern, dass als Folgewirkung des Gesetzes nicht nur die Restaurants, sondern auch viele andere Firmen teils erhebliche Investitionen aufwenden sollen, um so genannte "Fumoirs", Raucherräume, für ihre rauchenden Mitarbeiter einzurichten.

Für Lokale sind besondere Räume mit selbstschließenden Türen und speziellen Klimaanlagen gesetzlich vorgeschrieben — im Mailänder Zigarrentempel "Cigair" ist dergleichen längst installiert. Ein Kunde des Hauses, der Opernsänger Luciano Pavarotti, soll sich am Montag besorgt per Telefon erkundigt haben, ob weiterhin Zigarren erlaubt seien - er wurde beruhigt.

Weniger exklusive Lokale aber haben Schwierigkeiten, die auf durchschnittlich 20.000 Euro geschätzten Einbaukosten zu finanzieren, weshalb sie sich zumeist darauf beschränken, die Raucher hinauszuschicken. Italiener stürzen ihren Espresso in wenigen Minuten hinunter. Deshalb haben die Kaffee-Bars mit der neuen Regelung kein Problem.

Steigende Nachfrage nach Nikotinpflastern

Schwieriger dürfte es in kleineren Anwaltskanzleien, Immobilienbüros oder Versicherungen werden, wo man acht Stunden lang arbeitet. Wenn beispielsweise ein Anwalt, der starker Raucher ist, eine nichtrauchende Bürohilfe beschäftigt, könnte leicht ein Kleinkrieg entstehen.

In Turin prüft die Staatsanwaltschaft bereits, ob die Anti-Rauch-Regelung auch in der eigenen Wohnung gilt - wenn etwa eine nichtrauchende Haushaltsangestellte sich vom Qualm ihrer Arbeitgeber belästigt fühlt. Unterdessen wollen offenbar immer mehr Raucher das Laster loswerden.

So berichtet Andrea Mandelli vom Apothekerverband, die Nachfrage nach Nikotinpflastern und Anti-Rauch-Kaugummis sei "unglaublich gestiegen".

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