Drei Jahre nach der tödlichen Gruppenvergewaltigung einer Studentin in Indien ist einer der Täter aus der Haft entlassen worden. Der junge Mann, der zur Tatzeit 17 Jahre alt war, sei einer Nichtregierungsorganisation übergeben worden und nicht länger in Obhut der Polizei, sagte ein Sprecher der Polizei von Delhi. Aus Kreisen der Sicherheitskräfte verlautete, er habe eine neue Identität erhalten. Die Behörden sollen nach einer Anordnung des Gerichts in den kommenden zwei Jahren überwachen, ob er sich wieder in die Gesellschaft eingliedere.
Kritik an Freilassung
Die Eltern des Opfers kritisierten die Entlassung des Mannes scharf. "Wir wollen Gerechtigkeit für unsere Tochter", sagte die Mutter von Jyoti Singh. Die Eltern des Opfers hatten wiederholt gefordert, der junge Mann müsse wie die anderen Täter bestraft werden, er sei eine Gefahr für die Gesellschaft. Die Freilassung erfolgte kurz vor einer für Montag angesetzten Anhörung vor dem Obersten Gericht, bei der eine Frauenrechtsgruppe eine Petition gegen die Freilassung einreichen wollte. Zahlreiche Inder protestierten in Delhi gegen seine Freilassung.
Ein Gericht in der Hauptstadt hatte am Freitag erklärt, die geplante Freilassung könne nicht gestoppt werden, weil der Verurteilte die im Jugendrecht geltende Höchststrafe von drei Jahren abgesessen habe.
Hintergrund: tödliche Vergewaltigung 2012
Eine 23-jährige Studentin war am 16. Dezember 2012 vor den Augen ihres Freundes von einer Gruppe Männer in einem Bus in Delhi vergewaltigt und so schwer misshandelt worden, dass sie knapp zwei Wochen später ihren Verletzungen erlag. Ihr Fall sorgte weltweit für einen Aufschrei und löste eine nie dagewesene Protestwelle aus. Tausende junge Inder demonstrierten gegen sexuelle Übergriffe.
Insgesamt sechs Männer wurden angeklagt. Einer von ihnen starb in Haft - offenbar in Folge eines Suizids. Die vier anderen wurden zum Tode verurteilt, legten aber Berufung ein.