Hurrikan "Gustav":Geisterstadt New Orleans erwartet den Sturm

Der Wirbelsturm Gustav wird New Orleans wohl mit voller Wucht treffen. Meteorologen fürchten, die Intensität könne sogar noch stärker sein als bei Katrina. Die Stadt wurde evakuiert. Aus Angst vor Plünderungen besteht nächtliches Ausgehverbot.

Die zur Geisterstadt gewordene US-Metropole New Orleans wartet erneut auf einen Monstersturm: Fast genau drei Jahre nach Hurrikan Katrina haben die Einwohner wieder das Weite gesucht. Bis zu einer Million Menschen waren in den bedrohten Gebieten am Sonntag im Auto, in Bussen und Zügen oder per Flugzeug auf der Flucht.

Hurrikan "Gustav": Einer normalerweise vielbefahrener Highway in New Orleans ist nach der Evakuierung der Stadt fast menschenleer.

Einer normalerweise vielbefahrener Highway in New Orleans ist nach der Evakuierung der Stadt fast menschenleer.

(Foto: Foto: AFP)

Bürgermeister Ray Nagin warnte, wer trotz des drohenden "Jahrhundert-Sturms" in der Stadt bleibe, könne keine Hilfe der Behörden mehr erwarten und "macht einen der größten Fehler seines Lebens". Zugleich verhängte er eine nächtliche Ausgangssperre. "Mögliche Plünderer kommen sofort ins Gefängnis". Auf den Straßen der Stadt patrouillierte die Nationalgarde.

Gustav zielt direkt auf die Stadt

Nach Nagins Angaben zielt Gustav direkt auf die Stadt. Meteorologen fürchten, die Intensität könne sogar noch stärker werden als vor drei Jahren. Der Aufprall auf die US-Küste wurde für Montagvormittag oder Mittag (Ortszeit) erwartet. Auch andere Regionen seien gefährdet, etwa die Küste von Texas und Mississippi.

Der Wirbelsturm überschattete auch den Wahlparteitag der Republikaner. Präsident George W. Bush sagte seinen Auftritt zum Auftakt an diesem Montag ab. Das Programm wurde komplett über den Haufen geworfen.

Bereits auf dem Weg durch die Karibik hinterließ Gustav eine Schneise der Zerstörung, insgesamt wurden 80 Tote registriert. Im Gegensatz zur Katastrophe im Jahr 2005, als es tagelang keine ausreichende Hilfe gab und insgesamt 1800 Menschen ums Leben kamen, hatten die Behörden dieses Mal Evakuierungspläne parat. "Wir sind auf das Schlimmste vorbereitet", sagte der Minister für Heimatschutz, Michael Chertoff. Die Evakuierung verlaufe nach Plan und ohne größere Probleme. Allerdings könne noch niemand das genaue Ausmaß der Gefahren voraussagen.

Lange Autoschlangen

Mehrere hundert Schulbusse waren mobilisiert worden, um die Menschen aus der Stadt in sichere Auffanglager in höher gelegenen Gebieten zu fahren. Die Ausfallstraßen in New Orleans waren am Sonntag ausschließlich aus der Gefahrenzone heraus zu passieren. Lange Autoschlangen wälzten sich langsam gegen Norden, es gab aber keine Berichte über Zwischenfälle.

Erneut sind die Menschen in Sorge, ob die Mississippi-Dämme halten. Noch seien nicht überall ausreichende Schutzwälle errichtet worden, berichteten US-Medien. Vor allem in dem tief gelegenen "West Bank"-Viertel von New Orleans drohten die Fluten den gut drei Meter hohen Damm deutlich zu überschreiten, berichtete die New York Times.

Nach Angaben der Meteorologen zielte Gustav in breiter Front direkt auf New Orleans und den Bundesstaat Louisiana, aber auch weite Strecken des Nachbarstaates Texas sind bedroht.

Zwar ließ Gustav auf seinem Weg in Richtung US-Küste zeitweise an Intensität nach und wurde vom nationalen Hurrikan-Zentrum auf Kategorie drei heruntergestuft. Am Sonntag hatte er den Angaben zufolge eine maximale Windgeschwindigkeiten von 195 Stundenkilometern. Doch sei es wahrscheinlich, dass der Wirbelsturm über dem Meer wieder an Stärke zunehme. "Der Sturm kann sich weiter intensivieren, wenn er sich den extrem erwärmten Küstengewässern nähert", fürchtete ein Meteorologe.

"Jeder, den wir gesprochen haben, erwartet eine Verstärkung des Sturms", meinte der Bürgermeister. "Es herrscht dichter Verkehr auf den Hauptstraßen", klagte ein Augenzeuge. "Aber die Menschen sind gefasst und ruhig." Erste Probleme gebe es aber beim Tanken. "In einigen Tankstellen wird das Benzin knapp, es ist nur noch teureres Super vorrätig".

Sicherheitskräfte übernehmen Kontrolle

Bereits am Samstag hatten Zehntausende Menschen New Orleans verlassen, vor allem die meisten Krankenhäuser wurden evakuiert. In der Geisterstadt übernahmen dann die Sicherheitskräfte die Kontrolle. Neben lokalen Sicherheitsbehörden wurden fast 2000 Soldaten der Nationalgarde zum Schutz vor Plünderungen mobilisiert. "Wir sind hier, um Ihr Eigentum zu schützen", sagte ein Sprecher der Nationalgarde.

Die Stadtverwaltung von New Orleans verhängte vor dem Eintreffen des Hurrikans ein nächtliches Ausgehverbot. Es sollte bei Sonnenuntergang am Sonntagabend in Kraft treten und bis zum Montagmorgen gelten. Auch damit wollte die Stadtverwaltung möglichen Plünderungen zuvorkommen.

Auf Kuba hatte der Sturm schwere Verwüstungen verursacht. Vorsorglich waren nach Angaben der Zivilverteidigung 300.000 Menschen aus besonders gefährdeten Orten in Sicherheit gebracht worden. Zeitweise hatte Gustav die zweitstärksten Kategorie vier erreicht, es wurden Spitzengeschwindigkeiten von knapp 240 Stundenkilometern gemessen. "Es ist der schrecklichste und zerstörerischste Sturm der vergangenen 50 Jahre", schrieb die amtliche Nachrichtenagentur Prensa Latina.

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