Homosexueller beim Grand Prix:Toleranz: null Punkte

Der schwule Sänger Boris Moisejew will sein Land beim Eurovision Song Contest vertreten und der Welt zeigen, "wie cool Russland ist." Die Russen finden das eher uncool.

Frank Nienhuysen

Selbstzweifel sind nicht hilfreich für jemanden, der den Eurovision Song Contest gewinnen will. Aber Boris Moisejew kann sich seiner Sache kaum sicher sein, nachdem russische Behörden in der Vergangenheit sogar schon einige seiner Konzerte abgesagt haben.

Homosexueller beim Grand Prix: Sein Lied wird goutiert, er selbst nicht: Der schwule Sänger Boris Moisejew will Russland beim Grand Prix vertreten.

Sein Lied wird goutiert, er selbst nicht: Der schwule Sänger Boris Moisejew will Russland beim Grand Prix vertreten.

(Foto: screenshot: bmoiseev.ru)

"Vielleicht wird ja mein Lied goutiert, ich selber jedoch nicht", sagte er der Zeitung Moskowskij Komsomolez. Moisejew, einer der beliebtesten Schlagersänger Russlands, will sein Land im Mai beim Grand Prix in Moskau vertreten, und sollte ihm dies gelingen, wären Russland wenigstens ein paar Toleranzpunkte sicher.

Der kräftige Mann mit dem wasserstoffblonden Kurzhaar hat sich als einer von wenigen russischen Künstlern zu seiner Homosexualität bekannt, während sich bisher das Verständnis des gastgebenden Moskauer Bürgermeisters Jurij Luschkow für Schwule in engen Grenzen hält. Luschkow hat in den vergangenen Jahren stets hartnäckig die geplante Gay-Parade in der russischen Hauptstadt verbieten lassen, weil sie keine andere Bezeichnung verdiene als "Satanshow".

"Schon genug Schande"

Diesmal fallen die Termine im Mai zusammen, und so versucht sich Luschkow in seiner Intoleranz diesmal großzügig zu zeigen. "Schwule Fans werden in Moskau eine gute Zeit haben, solange sie keine Gay-Parade abhalten."

Ein Leser der Moskowskij Komsomolez fragte nach der Ankündigung Moisejews, beim Grand Prix anzutreten, bereits: "Sind die verrückt - ein Homosexueller soll Russland repräsentieren? Es gibt schon genug Schande bei uns." Der 54 Jahre alte Moisejew kennt die Ressentiments seit seiner Kindheit, als Nachbarjungen ihn mit Stöcken schlugen, "weil ich anders war als sie. Ich war schön, ich konnte gut singen, und ich konnte gut tanzen."

In Litauen war er Ballettmeister, bekannt aber wurde er, als er sich Russlands berühmtester Popsängerin Alla Pugatschowa anschloss. Später begann er seine Solokarriere als Sänger softer Popschlager und als Choreograph, hatte seine eigene Fernsehshow und trat auch mal gern in bunten Frauenkleidern auf. Das ist selbstbewusst in einem Land, das erst vor zehn Jahren die Homosexualität von der Liste der Krankheiten gestrichen hat.

Die einen liebten Moisejew stets, die anderen kannten kein Pardon. "Wer meine Konzerte abgesagt hat? Das waren doch Bürokraten, aber ihr Boss Wladimir Putin hat ihnen inzwischen geschrieben, dass Moisejew ein ausgezeichneter Künstler Russlands ist", sagte Moisejew.

Und so hofft er nun, ausgestattet auch mit dem Segen der Politführung, dass er genug Breitenwirkung erzielt, um sich im Februar zunächst gegen die nationale Konkurrenz durchzusetzen. "Bambina" heißt sein Titel, und er hat auch schon erzählt, wovon das Lied handelt. "Von einem kleinen Mädchen, das ich bitte, doch mal nach Moskau zu kommen, in unser Land. Damit ich ihm zeigen kann, wie cool es hier ist."

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