Homosexualität im Sport:Australiens Rekord-Schwimmer Ian Thorpe outet sich

Der ehemalige australische Schwimmstar Ian Thorpe hat sich nach jahrelangem Leugnen in einem TV-Interview als homosexuell geoutet. Der 31-Jährige war zuletzt durch persönliche und berufliche Probleme in die Schlagzeilen geraten.

Jahrelang gab es Gerüchte um Ian Thorpes sexuelle Orientierung. Und jahrelang hat Thorpe dementiert. In Interviews verwahrte sich der 31-Jährige gegen Spekulationen, er sei homosexuell, auch über sein Management ließ er immer wieder Dementis ausrichten. Zuletzt schrieb er in seiner 2012 erschienen Autobiographie "This Is Me": "Damit es klar ist, ich bin nicht schwul, und alle meine sexuellen Erfahrungen waren heterosexuell." Er fühle sich zu Frauen hingezogen, liebe Kinder und wolle eines Tages eine Familie haben, versicherte er in seinem Buch.

Jetzt die öffentliche Kehrtwende: In einem TV-Interview mit der britischen Moderatoren-Legende Michael Parkinson hat Thorpe sich zu seiner homosexuellen Orientierung bekannt. Parkinson bezeichnete das Interview, das am Sonntagabend im australischen Fernsehen gesendet wird, als eines der besten seiner Karriere. Besonders betonte er die mutige Entscheidung Thorpes, alle Fragen zuzulassen.

Ian Thorpe gilt als der größte Sportler Australiens. Als er 1998 in Perth bei den Schwimm-Weltmeisterschaften antrat, war er mit 14 Jahren der jüngste Sportler, der jemals für eine australische Nationalmannschaft an den Start ging - und gewann (über 400 Meter Freistil). Er war der erste Schwimmer, der 2001 bei einer Weltmeisterschaft gleich sechs Goldmedaillen holte. Bei den Olympischen Spielen 2000 in Sidney und 2004 in Athen holte er insgesamt fünf Mal Gold. In seiner Karriere brach Thorpe 22 Weltrekorde. 2006 beendete er mit 24 Jahren offiziell seine Karriere wegen mangelnder Motivation.

Depressionen, Suizidgedanken, Drogen

Nach seinem Rückzug aus dem aktiven Sport kam Ian Thorpe vor allem wegen seiner Schwierigkeiten im privaten, wie auch im beruflichen Leben immer wieder in die Schlagzeilen: Schon 2012 bekannte er sich öffentlich zu Depressionen und Suizidgedanken, die ihn seit seiner Jugend begleiteten. Es wurde publik, dass Thorpe mit Drogen- und Alkoholmissbrauch zu kämpfen hatte. Zuletzt war er Anfang 2014 desorientiert in der Nähe seines Hauses aufgegriffen worden und daraufhin in eine Spezialklinik eingewiesen worden. Seine Versuche, beruflich unter anderem als Unterwäsche- und Schmuckdesigner Fuß zu fassen, floppten.

Sportliche Comebacks scheiterten: 2011 und 2012 versuchte er, sich für die Olympischen Spiele in London 2012 zu qualifizieren, scheiterte jedoch beide Male. Auch seine Comebackversuche 2013 und Anfang dieses Jahres misslangen. Zuletzt erkrankte Thorpe nach einer Operation so schwer an einer Infektion in der Schulter, dass kurzzeitig die Amputation eines Armes im Raum stand. Nach dieser Infektion ist eine Rückkehr in den Schwimmsport ausgeschlossen.

Thorpe arbeitet mittlerweile als Sportkommentator und wird bei den Commonwealth Games die Schwimm-Wettbewerbe analysieren, die am 23. Juli in Glasgow beginnen.

Noch immer ist es für Leistungssportler wie Thorpe ein großes Wagnis, sich in ihrer aktiven Zeit zu outen. In Deutschland hat sich zuletzt Ex-Nationalspieler Thomas Hitzelsperger in einem Interview mit der Zeit zu seiner Homosexualität bekannt. Darin sagte er Anfang des Jahres: "Ich äußere mich zu meiner Homoesexualiät. Ich möchte gerne eine öffentliche Diskussion voranbringen - die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern." Bislang hat sich kein aktiver deutscher Fußballer geoutet.

Doch zunehmend wird auch im Profisport Homosexualität toleriert, wie eine Auswahl berühmter homosexueller Sportler zeigt:

  • So hat die amerikanische Basketball-Liga einen offen schwulen Athleten. Der 35-jährige Jason Collins outete sich 2013 im Magazin Sports Illustrated. Er war der erste Profisportler in den vier großen US-Profiligen (Basketball, Baseball, Football, Eishockey), der sich während seiner Karriere outete.
  • In den USA gibt es mit dem 24-jährigen Michael Sam außerdem den ersten geouteten American-Football-Spieler in der NFL. Er spielt für die St. Louis Rams.
  • Der 25-jährige amerikanische Fußballer Robbie Rogers outete sich im Februar 2013, als er eigentlich seine Karriere schon beendet hatte. Zwei Monate später unterschrieb er einen Vertrag mit dem amerikanischen Verein LA Galaxy
  • Der britische Turmspringer Tom Daley nutzte die Video-Plattform Youtube, um in einem Clip Spekulationen um seine sexuelle Orientierung zu beenden. Der 20-jährige Olympia-Sieger sagte: "Ich finde Mädchen immer noch toll, aber momentan bin ich so froh wie nie zuvor."
  • Auch die vermutlich härteste Sportart der Welt, Rugby, hat einen homosexuellen Star: Der 39-jährige Waliser Gareth Thomas outete sich ebenfalls in einem Interview. Thomas gilt in Großbritannien als lebende Sportlegende und Publikumsliebling. Für das Nationalteam von Wales hat er 100 Einsätze absolviert, die meisten davon als Kapitän.
  • Die Geschichte des ersten geouteten Fußballspielers endete hingegen tragisch: Justin Fashanu spielte in den 1980er Jahren für den englischen Verein Nottingham Forrest. Als sein Trainer von seiner Homosexualität erfuhr, entließ er ihn. Öffentlich outete sich Fashanu 1990 in einem Interview, 1998 nahm er sich das Leben.
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