Homo-Ehe:Bröckelndes Heteroidyll

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Der Hinweis rechts oben, "die Personen in diesem Foto sind Models", ändert für das Paar nichts an dem unangenehmem Kontext.

(Foto: mothersandfathersmatter.ie)

Ein junges Paar wird in Irland zusammen mit seinem Baby auf einem Werbe-Plakat gegen die Legalisierung der Homo-Ehe gezeigt - ohne sein Wissen.

Von Oliver Klasen, Moritz Lehmann

Hätten sie gewusst, dass sie in ganz Irland als Gegner der Homo-Ehe bekannt werden würden, dann wäre das Foto wohl nie entstanden. Für die junge Familie klang es nach einem guten Deal: Sie bekommt kostenlos ein paar professionelle Fotos fürs Familienalbum, im Gegenzug erhält der befreundete Fotograf das Recht, die Bilder auf einer Website zu archivieren und dort zum Verkauf anzubieten. Nichts anrüchiges, sondern gängige Praxis, so können Journalisten und Werbeagenturen schnell und günstig an geeignetes Bildmaterial gelangen.

Das Problem war nur: Nicht nur eine australische Anwaltskanzlei und eine irische Firma, die künstliche Befruchtungen anbietet, fanden Gefallen an den Fotos. Sondern auch die irische Organisation "Mothers and Fathers Matter" (Mütter und Väter zählen), erklärter Gegner der Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe.

In Irland gab es am vergangenen Wochenende einen viel beachteten Volksentscheid zu dem Thema, und deshalb war das Foto der Familie überall zu sehen. Denn der konservativen Nichtregierungsorganisation hatte es besonders ein Motiv angetan: Der Papa links, die Mama rechts, beide drücken dem zufrieden lächelnden Baby einen Kuss auf die Wange. Die perfekte Heteroidylle, bestens geeignet für eine Kampagne gegen die Homo-Ehe. Das Foto wurde zum Plakatmotiv.

Die Stellungnahme endet mit den Worten: "Die echte Familie würde mit Ja stimmen."

Was die Verantwortlichen nicht bedacht hatten: Besagte Familie, die nach eigenen Angaben gar nicht in Irland lebt, hat überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn Schwule heiraten oder Kinder adoptieren. Die Sache ist dem Paar so unangenehm, dass es - wie nun bekannt wurde - Anfang Mai über Amnesty International in Irland eine Stellungnahme veröffentlichen ließ. Sie endet mit den Worten: "Die echte Familie würde mit Ja stimmen."

In der Stellungnahme heißt es außerdem, man hätte nicht damit gerechnet, dass das Foto Verwendung finden würde, wenn überhaupt, dann vielleicht in einem kleinen Magazin und nicht auf zahlreichen Laternenpfählen. Gewiss, man sei die Sache wohl ein wenig naiv angegangen: Eine Vereinbarung, nach der das Paar vor einer Veröffentlichung ihrer Bilder um Erlaubnis gefragt werden muss, gibt es nicht.

Weil die Debatte um die Homo-Ehe heikel ist, möchte das Paar seinen Namen lieber nicht veröffentlicht wissen - obwohl die Gesichter der Familie nicht nur auf zahlreichen Laternenpfosten in Irland, sondern mittlerweile auch überall im Netz zu finden sind.

In Deutschland gab es vor der letzten Bundestagswahl einen ähnlichen Fall: In einem Wahlwerbespot der NPD radelte die gleiche Bilderbuchfamilie durch die Landschaft wie in einem Spot der FDP, woraufhin diese die Sequenz rasch austauschen ließ. Auch ein finnischer Quarkhersteller hatte mit der selben Familie geworben. Dass die Familie etwas gegen ihre Instrumentalisierung durch die NPD, die FDP oder den finnischen Quark einzuwenden gehabt hätte, ist allerdings nicht bekannt.

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