Hollywood:Absturz einer Institution

Der Ruf der einst so mächtigen Weinstein Company ist schwer belastet, ein Käufer fand sich nicht. Jetzt ist sie insolvent.

Von Kathrin Werner, New York

Harvey Weinstein ist von der Bildfläche verschwunden. Der einst mächtigste Mann Hollywoods war nicht einmal bei der Oscar-Verleihung. Der Name des Filmproduzenten ist wegen der Vorwürfe sexueller Belästigung dermaßen belastet, dass noch nicht einmal seine vorher so legendäre Firma einen Käufer finden konnte. Nun ist sie pleite.

Die Weinstein Company hat einen Insolvenzantrag nach Kapitel 11 des US-Konkursrechts gestellt, der es ermöglicht, dass die Firma saniert wird und weiterlebt. Die Schulden sollen bei einer halben bis zu einer Milliarde Dollar liegen - in etwa so viel wie das Gesamtvermögen der Firma. Nach Angaben des Unternehmens gibt es ein Übernahmeangebot der Private-Equity-Gesellschaft Lantern Capital Partners aus Dallas, dem das zuständige Insolvenzgericht in Delaware noch zustimmen müsse.

Das Hollywood-Studio teilte gleichzeitig mit, dass es alle Geheimhaltungsvereinbarungen mit mutmaßlich betroffenen Frauen aufgelöst habe. Sie müssen sich also nicht vor Klagen wegen Geheimnisverrats fürchten, wenn sie ihre Geschichten erzählen. Es sei "ein wichtiger Schritt Richtung Gerechtigkeit für alle Opfer, die von Harvey Weinstein zum Schweigen gebracht wurden". Mehr als 70 Frauen werfen ihm vor, sie belästigt oder sogar vergewaltigt zu haben. Die Polizei ermittelt. Weinstein, der am Tag des Insolvenzantrags 66 Jahre alt wurde, streitet alles ab. Die sexuellen Beziehungen zu den Frauen seien einvernehmlich gewesen. Dass über Jahre hinweg keine der Anschuldigungen nach außen drang, lag auch an den Geheimhaltungsverpflichtungen, die nun nicht mehr gelten. Mögliche Schadenersatzklagen der Frauen sind nach der Insolvenz der Firma schwieriger, ihre Forderungen werden erst nach anderen Gläubigern erfüllt.

Die Verhandlungen mit Lantern Capital sind nicht der erste Versuch, die Produktionsfirma zu verkaufen. Zuletzt hatte sich eine Investorengruppe um die Unternehmerin Maria Contreras-Sweet und den Milliardär Ron Burkle um die Weinstein Company bemüht. Contreras-Sweet, die Banken gegründet und sich in der Regierung von Barack Obama um die Förderung kleinerer und mittelständischer Unternehmen gekümmert hatte, wollte die Firma mehrheitlich von Frauen führen lassen. Doch die Verhandlungen scheiterten, auch weil der New Yorker Generalstaatsanwalt Eric Schneiderman ein Verfahren gegen die Firma und ihre Ex-Manager wegen "ungeheuerlicher Verletzungen" der Menschenrechte und des Arbeitsrechts eingeleitet hatte und er befand, das Angebot von Contreras-Sweet sehe nicht genug Ausgleich für Opfer und Mitarbeiter vor. Contreras-Sweet zog sich auch zurück, weil die Schulden höher waren, als sie dachte.

Vorerst soll Weinsteins Firma weiter arbeiten. Man wolle so viele Jobs wie möglich bewahren, sagte Weinsteins Bruder Robert, der das Unternehmen inzwischen leitet. Das Insolvenzgericht überwacht nun das Bieterverfahren, höhere Gebote als das von Lantern Capital seien noch möglich. Wie es weitergeht mit Filmen, deren Arbeiten bereits unter Harvey Weinstein begonnen haben, aber noch nicht fertig sind, ist unklar. Darunter sind ein Film mit Benedict Cumberbatch und eine Komödie mit Robert De Niro.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: