Hochwasser:Über die Ufer

Die Seine in Paris ist bedrohlich angeschwollen und tritt über die Ufer. Kunstwerke des Louvre werden vorsorglich in Sicherheit gebracht.

Von Joseph Hanimann, Paris

Die allenthalben durch die Erinnerung geisternde Jahrhundertflut von 1910, wo das Hochwasser bis hinauf zur Gare Saint-Lazare reichte, ist es nicht. Aber eindrücklich ist es dennoch, wie den edlen Seine-Brücken die Flut bis fast zur Bogenwölbung steht und die untersten Äste der Bäume auf den Quais ins braune Nass hängen. Die Seine stieg im Zentrum von Paris auf einen Pegelstand, der mit sechs Metern am Freitag sein seit Jahrzehnten höchstes Niveau erreichte. Die Schnellstraße auf dem rechten und die Vorortszuglinie auf dem linken Ufer mussten geschlossen werden. Der Schiffsverkehr ist lahmgelegt und die eine oder andere péniche, die am Ufer vertäuten Wohnschiffe, drohen sich wegen der starken Strömung aus der Verankerung zu lösen. Alle Seine-Promenaden stehen tief unter Wasser.

Die Flaneure können aber oben auf den Quai-Boulevards noch trockenen Fußes bummeln. Auch die dort gelegenen Museen könnte man problemlos betreten - wären sie nur offen. Louvre, Musée d'Orsay, Grand Palais und Nationalbibliothek bleiben übers Wochenende geschlossen. Vorsorglich wurden die Kunstwerke und Objekte aus den Tiefgeschossen in die oberen Etagen gebracht. Im Louvre war davon besonders die dem Fluss nahe gelegene islamische Abteilung betroffen. Nur das vor zehn Jahren eingeweihte Urkunst-Museum des Quai Branly, das für solche Fälle ausgestattet ist, blieb von den Maßnahmen verschont.

Katastrophenpläne für Überschwemmungen gibt es in Paris schon seit über zehn Jahren, und die Museen haben die meisten ihrer Lagerbestände an sicheren Orten außerhalb der Stadt untergebracht. Über die vielfältigen Folgen einer Überschwemmung wie der von 1910 mit einem Pegelstand von über acht Metern wird aber intensiv spekuliert, sie würden sich auf Milliarden-Schäden belaufen. Für die nächsten Tage wird mit einem sinkenden Wasserstand gerechnet. Im Verein mit dem streikbedingten Verkehrschaos in der Stadt, dem hartnäckig grauen Himmel und der Protestmüdigkeit gegen das neue Arbeitsrecht der Regierung wird die Situation denn eher als Einstimmung auf ein vermiestes Wochenende denn als Testübung auf den Ernstfall wahrgenommen.

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