Hitze:Meteorologen wettern über den Rekord

Lesezeit: 3 min

In der vergangenen Woche war es heiß, aber wie heiß genau? Der Deutsche Wetterdienst hat 40,4 Grad gemessen, sich dann aber korrigiert auf 40,2. Dagegen hält Kachelmann starr an seinen 40,8 Grad fest.

Es schien nur ein Frage der Zeit, wann im diesjährigen Rekordsommer auch die Rekordmarke für den höchsten in Deutschland bislang gemessenen Temperaturwert fällt. Doch seit Freitag herrscht zwischen dem Deutschen Wetterdienst und Jörg Kachelmanns Meteomedia GmbH Streit über den Spitzenwert: Kachelmann hält an den 40,8 Grad fest, die seine Instrumente am Freitag im saarländischen Perl-Nennig gemessen haben - und forderte zugleich den Deutschen Wetterdienst (DWD) auf, seine Station im mittelfränkischen Roth zu überprüfen. Hier waren am Samstag 40,4 Grad gemessen worden - der offizielle DWD-Rekord.

Neuer Wert vom Wetterdienst

Am Montag eskalierte die Auseinandersetzung: Am Mittag war man sich beim DWD in Offenbach nicht mehr so sicher. Der Wert sei an einem Flugplatz mit viel Asphaltflächen gemessen worden und damit wenig aussagekräftig, sagte DWD-Sprecher Gerhard Lux. Neuer Spitzenreiter sei damit Karlsruhe, wo am Sonnabend in einem städtischen Park 40,2 Grad registriert worden seien. "Damit ist der bisherige Rekord aus dem oberpfälzischen Gärmersdorf vom 27. Juli 1983 eingestellt", sagte Lux. Dort waren ebenfalls 40,2 Grad gemessen worden.

Konkurrenz freut sich

Eine Genugtuung für Wetterfrosch Kachelmann, den, obwohl zurzeit in Nordamerika unterwegs, die Hitze in Deutschland bereits um kurz nach 04.00 Uhr Uhr aus dem Schlaf riss, um sich mit dem Rekord-Wirrwarr zu beschäftigen. Deutschlands bekanntestem Meteorologen wird seit seiner präziseren Vorhersagen zu einem Unwetter über Norddeutschland vor anderthalb Jahren ein gespanntes Verhältnis zum Deutschen Wetterdienst nachgesagt.

Kürzlich schnappte er den Offenbachern sogar die Tagesthemen-Wetterkarte weg. Über den großen Teich hinweg kämpft Kachelmann um die Anerkennung "seines" Hitzerekordes - der 40,8 Grad aus Perl-Nennig.

"Obwohl die Station erst kurz vor der Messung gewartet worden war, überprüfen wir sie nun erneut", versprach er. "Da dort aber ein ventiliertes Thermometer eingesetzt wird und auch im Umfeld der Station an einer höher gelegenen Station des französischen Wetterdienstes am selben Tag 40 Grad gemessen wurden, gehen wir von keiner nennenswerten Korrektur aus."

Traurige Rekord-Bürgermeister

Perls Bürgermeister Toni Hoffmann hat daran ohnehin keine Zweifel: "Die Station des Deutschen Wetterdienstes im Ortsteil Besch ermittelt schon traditionell die höchsten Jahresdurchschnittswerte für das Saarland", sagt das Oberhaupt der 6.700-Seelen-Gemeinde im Dreiländereck an der Obermosel.

Doch als Kronzeugen wollen die Offenbacher schon gar nicht herhalten und zweifeln an Kachelmanns Daten: "Wir haben im gerade mal sechs Kilometer von Nennig entfernten Besch am Freitag maximal 39,8 Grad gemessen", sagt DWD-Sprecher Lux. Ein Grad Differenz bei nur 20 Meter Höhenunterschied - das macht den Klimaexperten skeptisch.

Im 423 Kilometer von Perl entfernten Roth ist Bürgermeister Richard Erdmann dagegen gar nicht unglücklich, den Spitzenreiter-Status nach nur zwei Tagen schon wieder abgeben zu müssen: "Wenn sich dieses Image als heißester Ort bei den Touristen festsetzt, kommt auch keiner mehr - dabei waren wir auch schon der Kältepol Bayerns!" Und auf drei Grad mehr oder weniger kommt es ihm sowieso nicht an. "Die 9.800 Gästebetten im Landkreis am Fränkischen Seenland sind restlos ausgebucht", wie der Bürgermeister trotz Tropentemperaturen stolz vermeldet.

Der Kampf um jedes Zehntelgrad

Kachelmann pocht dagegen auf jedes Zehntelgrad: "Sonst könnten wir ja auch die Autofahrer die Temperatur messen lassen." Vehement wehrt er sich gegen den Vorwurf, die 423 Mess-Stationen der Meteomedia GmbH würden weniger wissenschaftlich betrieben als die des Deutschen Wetterdienstes. "Wir haben die gleichen Standards" - und mit diesen verzeichnete er am Samstag, dem Tag des angeblichen Hitzerekordes in der mittelfränkischen Stadt, nur 37,5 Grad. Die 40,4 Grad in der DWD-Station am Flugplatz seien über Sandboden gemessen worden und stammten zudem von einem Temperaturfühler, der in einer kleinen, nur mit Jalousien ausgerüsteten Metallkonstruktion angebracht sei.

DWD lauert auf neuen Rekord

Nach einer kleinen Erholungsphase gegen Mitte der Woche rechnet DWD-Sprecher Lux bis zum 20. August durchaus noch einmal mit "knallheißen Werten". Ob dann gänzlich neue Rekorde aufgestellt werden, steht jetzt noch in den Sternen. Zumal die Daten einiger unbemannter Klimastationen des DWD noch gar nicht ausgewertet sind. "Vielleicht verbirgt sich hier noch der eigentliche Spitzenwert", sagt der DWD-Meteorologe.

(sueddeutsche.de/ Jörg Völkerling - AP)

© N/A - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: