Hinrichtung in Japan:Das Ende eines Sektenführers, der andere morden ließ

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  • In Japan ist der Anführer der Aum-Sekte, Shoko Asahara, erhängt worden.
  • Er war zum Tode verurteilt worden, weil er als Drahtzieher des Sarin-Anschlags auf eine U-Bahn in Tokio im Jahr 1995 gilt.
  • Damals starben 13 Menschen, Tausende wurden verletzt.

Es ist lautlos, geruchlos und tötet innerhalb von Minuten: Als im März 1995 Anhänger der Aum-Sekte das Gift Sarin in einer U-Bahn in Tokio verteilten, hatten viele Menschen keine Chance. 13 starben, Tausende wurden verletzt. Nun ist der Drahtzieher des Anschlags erhängt worden: Der 63-jährige Shoko Asahara. Neben Asahara wurden sechs weitere Sekten-Mitglieder gehängt.

Jahrelang verübte die Aum-Sekte Attacken auf die japanische Bevölkerung. Die Anschläge wurden zu einem gesellschaftlichen Trauma. Für viele zerstörte es die Überzeugung, dass sie in einem sicheren Land leben. Dass die Beweggründe der Sekte bis heute unklar sind, verstärkte diesen Eindruck noch. Angeblich wollten sie damit eine geplante Razzia der Polizei gegen ihr Hauptquartier am Berg Fuji verhindern. Dann hieß es wiederum, die Sekte folge einer kruden Ideologie, nach der sie die Welt mit Gewalt erlösen wolle. Asahara selbst blieb stets eine nebulöse Figur, um die sich zahlreiche Gerüchte ranken. Während des gesamten Prozesses schwieg er oder murmelte nur Unverständliches vor sich hin.

Unter dem bürgerlichen Namen Chizuo Matsumoto geboren, war Asahara von Anfang an auf einem Auge blind. Er wuchs unter ärmlichen Verhältnissen auf und besuchte eine Blindenschule. Seine Bewerbung an einer Elite-Universität in Tokio scheiterte. Später befasste er sich mit Akupunktur und der traditionellen chinesischen Medizin. Die Aum-Sekte ging aus einer Yogaschule hervor, die Asahara gründete. Er soll dabei eine Art gottgleicher Anführer gewesen sein. Seine Jünger sollten sein schmutziges Badewasser und Tropfen seines Bluts trinken. Außerdem soll er sie unter Drogen gesetzt haben. In vollem Namen heißt die Sekte "Aum Shinrikyo" (auch: "Ōmu-Shinrikyō" geschrieben), was soviel wie "Höchste Wahrheit" bedeutet. Einmal kandidierte Asahara sogar für das japanische Parlament, scheiterte jedoch.

Dennoch konnte die Sekte zahlreiche Erfolge verbuchen. Asahara war ein charismatischer Anführer, der in Talkshows auftreten durfte. Die Regierung erkannte die Aum-Sekte als religiöse Organisation an, was sie unter anderem von der Steuer befreite. Daraufhin heuerte sie Wissenschaftler der besten Universitäten an und ließ sie am Fuße des Berges Fuji ein ganzes Arsenal biochemischer Waffen produzieren, die sie für ihre späteren Anschläge nutzte. Mitte der 1990er Jahre soll die Sekte fast 10 000 Anhänger gehabt haben, weltweit sogar noch mehr. Zu dieser Zeit begannen auch die ersten Anschläge. Die Sarin-Attacke in der Tokioter U-Bahn im März 1995 war die schwerwiegendste.

Asahara wurde zwei Monate später festgenommen. Er hatte sich in einer Geheimkammer des Hauptquariters versteckt. Als die Polizei ihn entdeckte, fanden sie einen zerzausten Mann, der bäuchlings im Dreck lag. "Dieser schäbige Kerl soll Asahara sein?", sagte einer der Beamten. Insgesamt wurden mehr als 180 Anhänger angeklagt, die meisten sind verurteilt worden. Vieler der Opfer der Anschläge leiden bis heute unter den psychischen und physischen Folgen. Der berühmte japanische Schriftsteller Haruki Murakami veröffentlichte 1997 das Buch "Underground", für das er mit Opfern des Anschlags aber auch mit Sektenmitgliedern gesprochen hat.

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