Hildesheim:Berufsschüler gestehen Quälerei ihres Mitschülers

Sie zwangen ihn, Kreide zu essen und ihnen die Füße zu küssen. Vor Gericht haben die zehn Angeklagten nun erklärt, dass sie ihre Taten bedauern. Ihre Geständnisse ersparen dem Opfer eine demütigende Aussage vor Gericht.

Im Prozess um die Misshandlung eines Hildesheimer Berufsschülers haben seine beschuldigten Klassenkameraden Geständnisse abgelegt.

"Die Angeklagten haben die ihnen zur Last gelegten Taten überwiegend gestanden und auch zum Ausdruck gebracht, dass ihnen das Ganze Leid tut und dass sie so etwas nie wieder tun wollen", sagte der Sprecher des Hildesheimer Landgerichts, Jan-Michael Seidel, in der Mittagspause.

Durch die Geständnisse seiner Peiniger bleibt dem Opfer die demütigende Schilderung seines dreimonatiges Martyrium vor Gericht erspart erspart.

Die Anklage gegen zehn Berufschüler lautet auf gefährliche Körperverletzung, Nötigung und räuberische Erpressung. Das Verfahren gegen den elften Angeklagten will das Gericht nach Angaben von Verteidigern einstellen.

Bei dem Prozess gegen die 16 bis 18 Jahre alten Jugendlichen ist die Öffentlichkeit nicht zugelassen.

Das 18 Jahre alte Opfer soll von November 2003 bis Januar 2004 während des Unterrichts immer wieder gequält und gedemütigt worden sein.

Seine Mitschüler zwangen es unter anderem, Kreide zu essen, auf Zigarettenkippen herumzukauen oder ihnen die Füße zu küssen. Einige der Taten filmten sie und stellten sie ins Internet.

Die Angeklagten oder ihre Verteidiger hätten der Jugendkammer nach und nach berichtet, bei welchen der insgesamt 26 vorgeworfenen Taten sie mitgemacht hatten, sagte Seidel. Dabei räumten allerdings nicht alle Schüler sämtliche Einzeltaten ein. Daraufhin seien einzelne Anklagevorwürfe fallen gelassen worden.

Trotz der Geständnisse muss der 18-Jährige am Nachmittag zumindest kurz vor Gericht erscheinen. Er wird am Nachmittag in der nicht öffentlichen Verhandlung zu den Folgen der Mißhandlungen aussagen.

"Ein wenig Genugtuung für das Opfer"

Diese Begegnung mit seinen Peinigern ist nach Einschätzung eines Verteidigers auch für die Angeklagten nicht leicht. "Dass sie ihm in die Augen sehen müssen, bewirkt bei ihnen hoffentlich Einsicht und Reue und bringt dem Opfer vielleicht auch ein wenig Genugtuung", meinte Rechtsanwalt Roman von Alvensleben am Rande des Prozesses.

Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidiger hatten sich am ersten Prozesstag auf Geständnisse und die zu erwartenden Höchststrafen geeinigt.

Dem Vernehmen nach drohen drei der Angeklagten Jugendstrafen ohne Bewährung. Vertreter der Jugendgerichtshilfe hatten für einige der Angeklagten positive Sozialprognosen vorgetragen. Die darin enthaltenen niedrigen Strafempfehlungen wurden vom Vorsitzenden Richter aber kritisiert. Das Urteil wird für den 9. Juni erwartet.

Unabhängig von dem Prozess laufen Ermittlungen gegen einen Lehrer wegen des Verdachts der unterlassenen Hilfeleistung. Er soll während der Misshandlungen wiederholt im Nebenraum gesessen haben.

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