Hamburg:Rucksackgate

01 06 2015 Fussball Saison 2014 2015 Relegation Rückspiel Karlsruher SC Hamburger SV im Karlsru

"Ich setze den Stahlhelm auf": Peter Knäbel, Sportdirektor des HSV.

(Foto: imago)

Alexandra D. hat behauptet, den Inhalt des Rucksacks von HSV-Sportdirektor Peter Knäbel Ende Juli verstreut auf einem Rasen im Jenischpark nahe der Elbe gefunden zu haben. Nun ermittelt die Polizei - gegen die Finderin.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Über die Fußballer des Hamburger Sport-Vereins wurde in den vergangenen Jahren viel gespottet. Der Traditionsverein aus einer der reichsten Städte Deutschlands beging so viele Fehler, dass er zweimal nur mit extrem viel Glück in den Relegationsspielen seinen Platz in der Bundesliga sicherte. Falsche Spieler, falsche Trainer, falsche Manager und immer mehr Schulden: Der Klub, der mal den Anspruch hatte, mit dem FC Bayern auf Augenhöhe zu sein, ließ nichts aus auf dem Weg nach unten. Der Tiefpunkt der Missgeschicke war dann Anfang August aber kein Null-Fünf gegen irgendwen, sondern eine Kriminalposse, es ging da um den angeblich entwendeten Rucksack des HSV-Sportdirektors Peter Knäbel. In der Posse spielen mit: die Bild-Zeitung, eine Privat-Detektei, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die Finderin des Rucksacks, die womöglich nicht die Wahrheit gesagt hat. Die Posse heißt "Rucksackgate", am Mittwoch begann das neueste Kapitel.

Die Altenpflegerin Alexandra D. hatte behauptet, den Inhalt des Rucksacks Ende Juli verstreut auf einem Rasen im Jenischpark nahe der Elbe gefunden zu haben - Gehaltslisten der Profis, Unterlagen der Scouting-Abteilung sowie ein Führerschein, Scheckkarten und Schlüssel von Knäbel. Nun sagte ein Polizeisprecher: "Im Zuge der umfangreichen kriminalpolizeilichen Ermittlungen sowie einer anonym verfassten E-Mail, in der Frau D. als Diebin bezeichnet wird, ergab sich jetzt gegen Frau D. der Anfangsverdacht des Diebstahls aus dem PKW des Herrn K." Der Vorgang wurde der Staatsanwaltschaft Hamburg übergeben.

Die angebliche Finderin hatte sich damals nicht bei der Polizei gemeldet, sondern - nachdem sie offenbar mehrmals von der Geschäftsstelle des HSV abgewiesen worden war - bei der Bild. Die Vermutung, dass Frau D. eine Entlohnung für ihren Fund gefordert hätte, ist nicht belegt. Das Blatt zitierte sie am Mittwoch so: "Ich habe weder von der Bild noch vom HSV Geld gesehen." Stattdessen habe sie nach der dubiosen Geschichte als Altenpflegerin ihren Hauptauftraggeber verloren und sei "ruiniert". Sie habe "das Gefühl, der HSV sucht einen Schuldigen und die Polizei will einen Erfolg vorzeigen".

HSV-Chef Dietmar Beiersdorfer sagte dagegen auf der Homepage des Klubs, die unabhängige Untersuchung der vom HSV beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft widerspreche den Erkenntnissen der Polizei nicht. "Die jetzt vorliegenden Ergebnisse bestätigen unsere anfängliche Vermutung, dass eine Straftat gegen uns begangen wurde und stützen das bisher gegenüber Peter Knäbel ausgesprochene Vertrauen", sagte Beiersdorfer. Er hatte, wie Aufsichtsratschef Karl Gernandt, von anderen Mitgliedern des Kontrollgremiums der HSV AG Kritik einstecken müssen, weil man Knäbel beigesprungen war. Dabei gehören solche Unterlagen ja kaum in einen Rucksack, sondern in einen Safe. Der Sportdirektor Knäbel hatte damals gesagt: "Ich setze den Stahlhelm auf, die Polizei soll ermitteln. Ich möchte, dass alles lückenlos aufgeklärt wird." Es bleiben ja noch ein paar Fragen, zum Beispiel diese: Warum gab es angeblich keine Aufbruchspuren an Knäbels Auto?

Immerhin, eines konnte die HSV-Führung im Gespräch mit der Bild-Chefredaktion verhindern: Die brisanten Details aus den Unterlagen wurden nicht veröffentlicht.

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