Hamburg:Flachland-Häuptling unter Bergfexen

Hamburger Skihütte

Die Hamburger Skihütte im Gasteiner Tal in Österreich, Reiseziel für so manches alpenverrückte Nordlicht.

(Foto: DAV)

In Hamburg fand die Jahreshauptversammlung des Deutschen Alpenvereins statt. Das Motto: Es gibt auch ein alpines Leben ohne Dreitausender vor der Haustür.

Von Thomas Hahn, Hamburg

Andreas Peters kennt die Anspielungen, die ein bisschen nach Hohn für die Landschaften seiner schönen Heimatstadt klingen. Peters ist der erste Vorsitzende der Sektion Hamburg und Niederelbe im Deutschen Alpenverein (DAV), ein Flachland-Häuptling im Kreis der Bergfexe also, und natürlich weiß er selbst, dass man rund um Elbe und Alster nicht sehr hoch hinaus kommt über den Meeresspiegel. Trotzdem kann er ausführlich schwärmen von den grünen Inseln im Häusermeer des Stadtstaates - von den Boberger Dünen, vom Höltigbaum oder den Harburger Bergen, die aus Peters' Sicht "schon echt bergig" sind. Peters will den Spöttern sagen: Es gibt auch ein alpines Leben ohne Dreitausender vor der Haustür.

Deshalb fand am Wochenende auch ausgerechnet in Hamburg die Jahreshauptversammlung des DAV statt. Und bei der Gelegenheit hat man sich bewusst machen können, wie das Überraschende manchmal im Gewachsenen liegt. Die Sektion Hamburg ist eine der größten und ältesten im DAV, über 20 000 Mitglieder stark und 140 Jahre alt. Dabei ist Hamburg eine Hafenstadt. Ihre höchste natürliche Erhebung ist der Hasselbrack, ein Hügel in den Harburger Bergen, dessen Gipfelkreuz auf 116,2 Metern steht. Wie passt das zusammen? Oder ist der Widerspruch vielleicht gar keiner?

Der DAV hat über eine Million Mitglieder, die vor allem eines eint: die Liebe zu Natur und Bewegung. So ernst nehmen sie ihre Bestimmung als Umweltfreunde, dass sie am Wochenende gegen ein Automobil-Sponsoring des DAV stimmten. Und die Hamburger wollen sich auch in der Natur bewegen, aber eben nicht nur in der brettähnlichen Ebene des nahen Hinterlandes.

Die Mitglieder sind vor allem Umweltfreunde. Gerade lehnten sie ein Automobil-Sponsoring ab

Es gibt Norddeutsche, die zwischen Bergen Platzangst bekommen. Andere zieht es in die Höhe, gerade weil es an der See keine gibt: Den Beschluss, die Hamburger DAV-Sektion zu gründen, fällten 19 Hanseaten im Jahr 1875 bei einem Aufenthalt am Großglockner. Die Hamburger DAV-Sektion ist auch deshalb so groß, weil es in der Hansestadt die größte Kletterhalle Norddeutschlands gibt. Und Peters stellt eine ungebrochene Lust an Hüttentouren in dünner Luft fest. "Wir haben mittlerweile einen Zuwachs von 1000 Mitgliedern im Jahr", sagt er.

Peters selbst fand übers Wasser zum Berg. Als Student war er viel mit dem Kanu auf der Alster unterwegs, eine Kommilitonin fragte ihn, ob er nicht mal die Ausfahrt einer DAV-Mannschaft mitmachen wollte. So geriet er hinein in die alpine Gesellschaft. Das erste Mal war Peters, 46, mit Mitte zwanzig auf einem richtigen Berg. Auf dem Breitenberg bei Hindelang, das war etwas anderes als eine Wattwanderung. "Ich musste mich erst an diese Art von Belastung gewöhnen." Und heute?

Peters mag die Weite der Marsch in Schleswig-Holstein. Er mag die ausgedehnten Spaziergänge durch Hamburg. Aber er kann auch sehr schwärmen von der ruppigen Schönheit der bayrischen Felsriesen: "Gerade das Berchtesgadener Land. Wenn man im Steinernen Meer herumgeht. Es eröffnen sich einem immer neue Blicke." In der Abwechslung liegt für ihn der Zauber seines Daseins als bergsteigender Freund des Flachlandes.

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