Haan bei Düsseldorf:Innogy-Manager wurde schon einmal angegriffen

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Anschlag im Park: Der Manager Bernhard Günther war auf dem Rückweg vom Brötchenholen, als er von zwei Männern überfallen wurde. (Foto: Bernd Thissen/dpa)
  • Bernhard Günther hatte gerade Brötchen geholt und war auf dem Weg nach Hause, als er von zwei unbekannten Männern angegriffen wurde.
  • Das Motiv hinter der Tat ist noch völlig unklar. Erste Berichte wonach der Angriff etwas mit dem Braunkohle-Abbau zu tun haben könnte, bestätigte die Polizei bislang nicht.
  • Es ist nicht das erste Attentat auf den Unternehmer. Vor einigen Jahren wurde er schon einmal körperlich angegriffen.

Von Valentin Dornis, Düsseldorf

Bitterkalt war es am Sonntagmorgen, nur etwa drei Grad über Null, als der Manager Bernhard Günther auf dem Rückweg vom Brötchenholen durch den kleinen Park im Örtchen Haan ging. Auf dem gepflasterten Weg, der rechts und links von Büschen gesäumt ist, traten ihm plötzlich zwei Männer entgegen, rangen ihn zu Boden und übergossen ihn mit Säure. Die Täter liefen davon, der schwer verletzte Manager schleppte sich noch zu Fuß zu seinem Wohnhaus, das etwa 200 Meter Luftlinie vom Tatort entfernt steht. Dort rief er selbst den Notruf. Die Rettungskräfte behandelten ihn zunächst in Schutzanzügen an Ort und Stelle, schließlich wurde er mit einem Hubschrauber in eine Spezialklinik geflogen. Sein Zustand ist stabil.

Der Säureanschlag erregt viel Aufmerksamkeit, traf er in Bernhard Günther doch einen wichtigen Manager der Energiebranche: Seit mehr als 15 Jahren arbeitet der Volkswirt im RWE-Konzern, seit 2016 ist er Finanzvorstand der Konzerntochter Innogy. Ob der Angriff mit seinem Job zu tun hat oder ob ganz andere Motive dahinter- stecken, ist noch nicht klar. Man ermittle in alle Richtungen, hieß es bei der Polizei. Die Bild-Zeitung hatte am Sonntag unter Berufung auf angebliche Insider berichtet, die Tat könnte im Zusammenhang mit den Protesten gegen den Braunkohleabbau Hambach stehen. Dort schürft der Innogy-Mutterkonzern RWE Braunkohle, Umweltaktivisten halten den Hambacher Forst seit Jahren besetzt. Doch die Staatsanwaltschaft Wuppertal wies diese Berichte zurück: Es gebe derzeit "überhaupt keine Hinweise" in diese Richtung, sagte eine Sprecherin, das sei "pure Spekulation".

Bis 2016 war Bernhard Günther Finanzvorstand von RWE, in dieser Zeit soll er schon einmal körperlich angegriffen worden sein, wie die Polizei der Nachrichtenagentur dpa bestätigte. Geprüft werde auch, ob zwischen diesen beiden Taten ein Zusammenhang bestehe. Bei Innogy hat der Manager wenig mit dem Braunkohleabbau zu tun: In dieses Unternehmen hat RWE das Geschäft mit erneuerbaren Energien, Stromnetzen und Dienstleistungen etwa zur Elektromobilität ausgegliedert. In der kommenden Woche will Innogy seine Bilanz für 2017 präsentieren, der Termin soll trotz des Anschlags bestehen bleiben.

Das Unternehmen teilte aber mit, der Vorfall habe die Mitarbeiter schockiert. Der Vorstandsvorsitzende Uwe Tigges sagte: "Die Nachricht von dem Anschlag hat uns alle sehr betroffen gemacht. Wir sind in unseren Gedanken bei Bernhard und seiner Familie und wünschen ihm baldige Genesung." Wie das Unternehmen am Montag bestätigte, wird Vorstandsmitglied Hans Bünting kommissarisch die Aufgaben von Bernhard Günther übernehmen. Der Mutterkonzern RWE sprach in einem Statement von einem "hinterhältigen Anschlag". Mehrere große deutsche Energiekonzerne erklärten, dass sie die Sicherheitsmaßnahmen erhöht hätten.

Die Spurensuche am Tatort ergab noch keine eindeutigen Ergebnisse

In Europa kommen Anschläge mit Säure eher selten vor. Zuletzt soll in Großbritannien häufiger Säure bei Überfällen verwendet worden sein, offenbar weil die Täter auf geringere Strafen hoffen als mit Messern oder Schusswaffen. Bei gezielten Anschlägen geht es den Tätern meist darum, das Opfer zu töten oder für den Rest seines Lebens zu entstellen und so vom gesellschaftlichen Leben auszuschließen. Ein prominentes Opfer ist der ehemalige Chef des russischen Bolschoi-Balletts Sergej Filin, der 2013 einen Säureanschlag überlebte. In Deutschland setzt sich Vanessa Münstermann mit ihrem Verein "Ausgezeichnet" für die Opfer solcher Angriffe ein. Sie war 2016 von ihrem Exfreund Daniel F. mit Säure übergossen worden.

Die Spurensuche am Tatort in Haan habe noch keine eindeutigen Ergebnisse gebracht, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Die Polizei hatte den Tatort und die Umgebung am Sonntag abgeriegelt und Spürhunde auf die Suche nach möglichen Hinweisen auf die Täter geschickt. Die gefundenen Spuren werden laut einem Polizeisprecher noch ausgewertet. Ob die Familie des Opfers von der Polizei geschützt werden müsse, dazu wollte er keine Angaben machen. Eine eigens eingerichtete Mordkommission "Säure" ermittelt wegen versuchten Mordes und sei dringend auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen, teilte die Polizei mit. Eine erste Täterbeschreibung, nach der die beiden Männer ein "südländisches Aussehen" gehabt hätten, relativierte die Polizei - man habe das Opfer noch gar nicht ausführlich vernehmen können und sammle zunächst alle verfügbaren Hinweise von Anwohnern und anderen Zeugen.

© SZ vom 06.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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