Großbritannien:Musikfestival nach zwei Todesfällen abgebrochen

  • Mindestens 13 weitere Besucher mussten ins Krankenhaus, einer von ihnen befand sich auch am Montag noch in einem kritischen Zustand.
  • Die Veranstalter kündigten daraufhin den Abbruch der Veranstaltung an.
  • Britische Medien berichten, am Wochenende seien bei mehreren Musikfestivals extrem hoch dosierte Ecstasy-Tabletten im Umlauf gewesen.

Von Alexander Menden, London

Bereits am Sonntagmorgen waren viele Zelte auf den King George V. Playing Fields in Portsmouth abgebaut. Die Besucher des Mutiny-Festivals, die hier ursprünglich noch den ganzen Tag verbringen und Auftritte von Musikern wie Craig David und Sean Paul erleben wollten, hatten sich auf den Heimweg gemacht. In der Nacht zuvor waren eine 18-Jährige und ein 20-Jähriger vom Festivalgelände ins örtliche Krankenhaus transportiert worden und dort gestorben. Mindestens 13 weitere Besucher mussten ebenfalls im Queen Alexandra Hospital behandelt werden; einer von ihnen befand sich auch am Montag noch in einem kritischen Zustand. Die Veranstalter kündigten daraufhin aus Sicherheitsgründen sowie aus Respekt vor den Toten den Abbruch der Veranstaltung an.

Schon am Samstag hatte die Festivalleitung auf ihrer Facebook-Seite dringend vor "einer gefährlich starken oder verpanschten Substanz" gewarnt, die auf dem Gelände kursiere. Die Besucher wurden aufgefordert, jeden Drogenkonsum zu vermeiden und bei Unwohlsein umgehend das Sicherheitsteam oder Sanitäter zu kontaktieren. Britische Medien berichten, am Wochenende seien bei mehreren Musikfestivals sogenannte Silver Audis, extrem hoch dosierte Ecstasy-Tabletten, im Umlauf gewesen. Ob in allen Krankheitsfällen in Portsmouth ein direkter Bezug zu der Einnahme von Drogen besteht, ist allerdings noch unklar.

Mutiny hat sich, seit es 2014 erstmals ausgerichtet wurde, durch das frühe Veranstaltungsdatum Ende Mai zu einer der inoffiziellen Eröffnungsveranstaltungen der britischen Festivalsaison entwickelt. Bereits im vergangenen Jahr wurde ein steiler Anstieg des Drogenkonsums bei dem Festival verzeichnet. Laut der Lokalzeitung The News war das Vertrauen der Polizei in die Organisation und Sicherheit des Festivals bereits vor den Todesfällen vom Samstag "ernsthaft unterminiert". Minderjährige hätten 2017 ohne erwachsene Begleitpersonen Zugang zum Veranstaltungsgelände gehabt; eine 14-Jährige und eine 17-Jährige seien sexuell belästigt, ein 13-Jähriger nach der Einnahme von Lachgas, Cannabis und Alkohol wiederholt ins Gesicht geschlagen worden. Organisator Luke Betts hatte "Fehler" eingestanden, aber auch beteuert, die Sicherheit seit dem vergangenen Jahr verschärft zu haben.

Die junge Frau soll vor ihrem Tod zwei Tabletten geschluckt haben

Die Mutter der verstorbenen 18-Jährigen, die aus dem nahe gelegenen Ort Havant stammte, schrieb auf ihrer Facebook-Seite: "Mein kleines Mädchen war erst 18 und so voller Leben. Ich hoffe, dass das hier zumindest einige von euch davon abhält, genauso zu enden." Ihre Tochter habe vor ihrem Tod zwei Tabletten eingenommen. Der 20-Jährige, der im Krankenhaus starb, stammte ebenfalls aus Havant; die Todesfälle stehen laut Polizei nicht in direkter Verbindung zueinander.

Größere Festivals in Großbritannien haben bereits Drogenkontrollen eingeführt. Niamh Eastwood, Leiterin von "Release", einer Stiftung zur Reform der Drogengesetzgebung, forderte nach den Todesfällen in Portsmouth, diese Tests müssten auf sämtliche Festivals ausgeweitet werden. "Es ist eine Tatsache, dass manche jungen Menschen illegale Drogen nehmen", sagte sie. "Wir müssen an allen Veranstaltungsorten dafür sorgen, dass der dadurch verursachte Schaden verringert wird und Leben gerettet werden."

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