Großbritannien:Leuchtender Pranger

In England und Wales sind Straftäter künftig weithin erkennbar: Sie sollen Leuchtwesten tragen, wenn sie ihren Sozialdienst ableisten. Die Idee stößt auf Ablehnung.

Ulrike Bretz

Die britische Regierung will in England und Wales rund 10.000 Westen in leuchtendem Orange an Straftäter verteilen. Diese sollen die Westen mit dem Aufdruck "Community Payback" ("Rückzahlung an die Gemeinde") tragen, wenn sie ihren Sozialdienst ableisten - und so zeigen, dass sie an der Gesellschaft etwas gutzumachen haben.

Weste, Justizministerium Großbritannien

"Community Payback", zu deutsch "Rückzahlung an die Gemeinde" lautet die Aufschrift der Westen. So sollen Straftäter in England und Wales künftig ihren Sozialdienst ableisten.

(Foto: Foto: Justizministerium Großbritannien)

Mit der Aktion will das britische Justizministerium erreichen, dass die Bürger erkennen, wie Justiz funktioniert. Die fluoreszierenden Westen sollen deutlich machen, dass Täter mit dem Sozialdienst tatsächlich ihre Strafe abarbeiten müssen: indem sie Müll aufsammeln, Gemeinschaftszentren renovieren oder Wände von Graffiti befreien.

Justizminister Jack Straw sagte, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Nutzen des Sozialdienstes sei geringer, als es sein sollte. Das liege auch daran, dass der Sozialdienst zu unauffällig geleistet werde.

"Für Gerechtigkeit sorgen"

Die Steuerzahler hätten ein Recht darauf, zu erfahren, zu welchen Diensten Straftätern verpflichtet werden. "Mit diesen deutlich sichtbaren Jacken mit dem Auftruck 'Community Payback' versuche ich zu zeigen, dass für Gerechtigkeit gesorgt wird", so Straw in einer Presseerklärung des Justizministeriums. Er fordere noch weitere Möglichkeiten, um zu zeigen, dass das Justizministerium funktioniert.

Laut einem Bericht der britischen Zeitung The Guardian stößt das Vorhaben bei britischen Bewährungshelfern auf Ablehnung. Sie forderten umgehend Vorkehrungen, um die Sicherheit der Straftäter beim Sozialdienst zu gewährleisten.

Harry Fletcher von der Vereinigung der Bewährungshelfer sagte der Zeitung, er sei besorgt, dass die weithin sichtbaren Westen zu Angriffen führen könnten. Es gäbe andere Formen, auf die Arbeit der Straftäter hinzuweisen. Man könne etwa an den Einsatzorten Informationstafeln aufstellen und so zeigen, welche Arbeit im Sozialdienst geleistet werde. "Die wahre Absicht der Regierung ist, dass sie die Straftäter mit den Westen erniedrigen wollen", sagte Fletcher.

Auch Menschenrechtsorganisationen haben den Einsatz der Leuchtwesten scharf kritisiert. "Wir hoffen, dass von dieser Mittelalter-Methode keiner einen Schaden davonträgt. Das Ganze ist billig, gemein und nichts, was wir in einem zivilisierten Land brauchen", sagte die Direktorin der Organisation Liberty, Shami Chakrabarti.

Luise Casy, Beraterin der Regierung in Kriminalitätsfragen und Ideengeberin für die Leuchtwesten, sagte, der Vorstoß werde von der Bevölkerung gutgeheißen. "Man muss sich klarmachen, auf welcher Seite wir stehen", sagte sie. "Auf der Seite der Kriminellen oder auf der Seite der Öffentlichkeit."

Die Vereinigung der Bewährungshelfer hat die Frage inzwischen an die britische Gleichberechtigungs- und Menschenrechtskommission weitergeleitet. Sie fürchtet, dass die Westen ethnische und rassistische Vorurteile schüren.

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