Gottesdienst für vermissten Mirco:"Warum Du?"

Eltern umarmen ihre Kinder, viele haben Tränen in den Augen: In einem bewegenden Gottesdienst beten die Bewohner Grefraths für den seit einer Woche vermissten Mirco. Die Hoffnung, den Zehnjährigen lebend zu finden, schwindet mit jedem Tag.

Die Gemeinde Grefrath ist erschüttert: Seit fast einer Woche ist der zehnjährige Mirco wie vom Erdboden verschluckt. Während die Polizei die Suche bereits stark eingeschränkt hat, wächst bei den Bewohnern der nordrhein-westfälischen Gemeinde das Gefühl der Hilflosigkeit. In einem gemeinsamen Gottesdienst beteten Kinder und Erwachsene am Donnerstagabend für den Jungen.

Junge vermisst

Der zehnjährige Mirco wird seit einer Woche vermisst. Er verschwand spurlos auf dem Heimweg von einer Skaterbahn.

(Foto: dpa)

Ein Schluchzen bricht die Stille in der St. Laurentius-Kirche. Die Sitzreihen in der katholischen Pfarrkirche von Grefrath sind dicht gefüllt. Zahlreiche Menschen drängen noch in das Gotteshaus hinein, als die Kirchenglocken am Donnerstagabend den ökumenischen Gottesdienstes einläuten.

"Wir haben uns heute aus einem sehr traurigen Anlass zusammengefunden", begrüßt ein Gemeindemitglied die etwa 400 Besucher. Viele Eltern sind mit ihren Kindern zum Gottesdienst gekommen. Sie alle wollen die Hoffnung nicht aufgeben. Ihre Gebete sollen Mirco und seiner Familie Kraft geben. "Wir wollen zeigen, dass die Familie nicht allein da steht, sondern dass wir alle Anteil an ihrem schlimmen Schicksal nehmen", sagt der Redner.

Die Familie mit ihren vier Kindern habe bis vor kurzem nur einige hundert Meter von der Kirche entfernt glücklich zusammengelebt - bis Mirco aus der Gemeinde gerissen wurde, schildert er. Während er spricht zupfen hier und da Kirchgänger ein Taschentuch hervor, wischen sich die Tränen von den Wangen.

Beten gegen die Verzweiflung

Vor dem Altar lehnt ein Bild, das Kinder gemalt haben. In kleinen Botschaften wollen sie Mirco sagen: "Wir lieben Dich". Andere stellen die Frage: "Warum Du?" Rote Herzchen - gemalt von Kinderhand - verzieren das Bild.

Gottesdienst für vermissten Jungen

Bewegendes Zeichen der Solidarität: Etwa 400 Grefrather kamen zum Gottesdienst in der katholischen Pfarrkirche St. Laurentius in der 15.000-Einwohner-Gemeinde Grefrath, um für den vermissten Zehnjährigen zu beten und seiner Familie Mut zuzusprechen.

(Foto: dpa)

"Wir sind erschüttert und erschrocken und ratlos", sagt der evangelische Gemeindepfarrer Hartmut Boecker. "Wie kann es sein, dass Mirco so leidet und wir nicht wissen, was wir tun sollen?" fragt der Pfarrer.

Pastor Norbert Selent von der Christengemeinde Krefeld, der die Familie angehört, berichtet, dass alle Mitglieder seiner Kirche stündlich für den Jungen beten. "Die Not um Mirco hat uns zusammengebracht", sagt der Pastor. "Die Ungewissheit über den Ausgang der Geschichte zermürbt nicht nur Familie, sondern hinterlässt Spuren in unser aller Leben." Die Eltern des Hauptschülers und seine drei Geschwister werden von der Christengemeinde - einer selbständigen christlichen Kultusgemeinschaft - betreut.

Als fünf Jugendliche nach vorn treten, wird es ganz still. Eltern nehmen ihre Kinder fest in den Arm. Die Jugendlichen bitten um Kraft für Mircos Familie und die Helfer. Um Kraft, dass sie alle in dieser schweren Zeit nicht verzweifeln.

Als der Gottesdienst beendet ist, bleiben die Besucher noch eine Weile ruhig sitzen. Viele stellen brennende Teelichter auf die Stufen vor dem Altar. "Ich habe selbst Kinder und immer gehofft, dass mir so etwas nicht passiert", sagt eine ältere Frau mit Tränen in den Augen. Sie sei froh, dass der Gottesdienst stattgefunden hat. "Wir sind zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen in Grefrath", sagt sie.

Internet-Initiative "Deutschland findet Euch"

Suche nach vermisstem Mirco

Die Polizei hat die Hundertschaften nach der bislang erfolglosen Suche nach Mirco abgezogen. Nun wird gezielten Hinweisen nachgegangen - und unter anderem mit Hilfe des Internets nach dem Jungen gesucht.

(Foto: dpa)

Die Polizei geht davon aus, dass Mirco Opfer eines Verbrechens wurde. Am heutigen Freitag soll die Suche nach Polizeiangaben nur noch gezielt hinweisorientiert mit einer Hundertschaft fortgesetzt werden - bislang waren 1000 Helfer an der Suche beteiligt.

Bisher gingen rund 300 Tipps bei den Ermittlern ein. Jedoch fehlte weiterhin der entscheidende Hinweis auf den Typ des dunklen Wagens, der am Freitagabend am Ortsausgang von Grefrath am Feldrand von Zeugen gesehen worden war. An dieser Stelle wurde später das Fahrrad des Zehnjährigen gefunden.

Auch mit Hilfe des Internets wird intensiv nach Mirco gesucht. Die Initiative "Vermisste Kinder" aus Hamburg ruft auf der eigenen Seite und im sozialen Netzwerk Facebook unter dem Titel "Deutschland findet Euch" zur Mithilfe auf. Fast 6000 Nutzer haben sich das Profil des Jungen bereits angesehen.

Auch ein Such-Portal aus den Niederlanden hat auf seiner Internetseite ein Foto von Mirco veröffentlicht. Die Behörden in dem nahe gelegenen Nachbarland sind über den Vermisstenfall informiert, allerdings wird dort nicht nach dem Jungen gesucht. "Es gibt überhaupt keine Hinweise in Richtung Niederlande", sagt eine Polizeisprecherin .

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: