Golfplatz in Schottland:Die Leiden des Milliardärs Donald T.

Der Dorn im Fleisch des Milliardärs: Wie ein stolzer Anwohner die grandiosen Golfplatz-Pläne von Donald Trump in Schottland verhindern will.

Wolfgang Koydl

Für einen Mann, der kürzlich eine ziemlich bittere Niederlage einstecken musste, wirkt Michael Forbes bemerkenswert entspannt. Ja, man könnte fast sagen, dass er bis in die borstigen Spitzen seines rotblonden Schnurrbartes hinein ein hohes Maß an satter Selbstgefälligkeit ausstrahlt. "Sorgen, welche Sorgen", lacht er. "Aus diesem Ding wird nichts werden, merken Sie sich meine Worte." Bei diesem Ding, von dem Forbes so abschätzig spricht, handelt es sich um einen Golfplatz, der demnächst - wenn alles nach Plan geht - rings um das Grundstück des streitbaren Schotten herum entstehen wird.

Golfplatz in Schottland: Hier lebt Michael Forbes - und er will nicht, dass hier ein Golfplatz entsteht.

Hier lebt Michael Forbes - und er will nicht, dass hier ein Golfplatz entsteht.

(Foto: Foto: AFP)

Einer Studie der detaillierten Blaupausen könnte er entnehmen, dass sein Haus, die Scheune, der Stapel mit dem Brennholz und der Bungalow seiner Mutter mit dem hübschen, wenn auch irreführenden Namen "Paradise" dann irgendwo zwischen dem dritten und vierten Loch liegen werden. Ganz zu schweigen von dem Risiko, dass ihm tief fliegende Bälle die Fenster zerschmettern.

"Aber zum Glück ist ja die Rezession über uns hereingebrochen", verkündet Forbes und lehnt sich in seinem Polstersessel zurück. "Ich glaube nicht, dass die Banken diesem habgierigen Kerl Geld vorstrecken wollen." Mit dem Kerl meint Forbes den flamboyanten und mitunter in der Tat etwas halbseiden anmutenden New Yorker Geschäftsmann Donald Trump.

Der Multimillionär will in der unter Naturschutz stehenden Dünenlandschaft längs der schottischen Nordseeküste nördlich von Aberdeen einen Golfplatz bauen. Aber was heißt hier schon Golfplatz: Der großartigste Golfplatz der Welt soll es werden, wie "The Donald" in gewohnt bombastischem Stil angekündigt hat, ein Naturkurs, der dem edlen St. Andrews im Süden, wo der Golfsport erfunden wurde, den Rang ablaufen soll.

Arbeitsplätze für die Region

Für Gesamtkosten von etwa einer Milliarde Pfund (1,18 Milliarden Euro) sollen auf einem Areal von mehr als acht Quadratkilometer Ausdehnung zwei 18-Loch-Plätze, ein monströses Luxushotel, 1500 Ferienwohnungen, Dutzende von Villen, eine Golfakademie und Unterkünfte für 400 Angestellte entstehen. Alles wird durch eine Uferstraße miteinander verbunden sein, die bereits einen Namen hat: Trump Boulevard, was sonst.

Keith Newton, als Chief Executive der ranghöchste Beamte in der Grafschaft Aberdeenshire, fällt denn auch nur ein Wort ein, wenn er das Projekt beschreiben soll: "Iconic" sei das Unterfangen, sagt er, symbolträchtig und von hohem Kultstatus. Auch er erwähnt im Gespräch ständig die Wirtschaftskrise. Nach seinen Worten freilich hofft er, dass Trumps Golferparadies genügend Arbeitsplätze und Zusatzaufträge in die Region bringen soll, um die Auswirkungen der Rezession zu dämpfen.

Newton ist der schottischen Regierung in Edinburgh dankbar, dass sie sich über die Bedenken der Grafschaft hinweggesetzt und das Vorhaben unlängst genehmigt hat. Mit einer Stimme Mehrheit hatte der Landkreisrat ein Jahr zuvor das Golf-Paradies abgelehnt - aus Gründen des Naturschutzes. Ein Teil des Platzes liegt inmitten seltener Wanderdünen, die von der EU den Status einer geschützten Zone verliehen bekommen haben. Tatsächlich fühlt man sich in den sandigen Hügeln meilenweit von der Zivilisation entfernt: Tief versinkt der Fuß wie in flauschigem Flokati im dichten Moos, die einzigen Geräusche sind der Schrei der Möwen und das Rauschen der Brandung.

Die Leiden des Milliardärs Donald T.

Letztlich aber gab die Ökonomie den Ausschlag zu Ungunsten der Ökologie. "Für die Wirtschaft hier im Nordosten wird das Projekt ein wahrer Segen sein", sagt Newton - und gibt damit das Urteil von Schottlands Ministerpräsident Alex Salmond wieder. In dessen Wahlkreis liegt übrigens der Küstenstreifen, auf dem Trumps Traum Realität werden soll. Nicht ganz unwesentlich in diesem Zusammenhang ist vermutlich die Tatsache, dass Salmond und sein Wirtschaftsminister kurz vor der Regierungsentscheidung mit Trump in New York zu Mittag speisten - was Michael Forbes an die alte amerikanische Weisheit erinnert, dass man für jede Lunch-Einladung irgendwann einmal bezahlen muss.

Donald Trump

Donald Trump bei der Begehung des Grundstücks, auf dem der Golfplatz entstehen soll.

(Foto: Foto: Getty)

Er ist denn auch nicht besonders gut zu sprechen auf seine Regierung. So zornig ist der Schotte, dass er bereits damit gedroht hat, seine beiden Kilts aus Protest öffentlich zu verbrennen. Bislang freilich hängt noch der Saltire, Schottlands blau-weiße Fahne mit dem Andreas-Kreuz, von einem Lampenmast auf seinem Grundstück, und bis auf weiteres denkt Forbes auch nicht ans Aufgeben.

Er ist der einzige Grundbesitzer auf der Menie Estate, der nicht an den Amerikaner verkaufen will - nicht jetzt und auch zu keinem Zeitpunkt in der Zukunft. "Trump hat mal gesagt, ich sei ein Dorn in seinem Fleisch", erinnert sich Forbes mit Genießerlächeln. "Ich kann nur hoffen, dass dieser Dorn ordentlich schmerzt." Schon 350.000 Pfund (375.000 Euro) hat ihm der Tycoon mit der strohblonden Sturmfrisur und der Kodderschnauze für seine neun Hektar Sanddünen und Strandhafer geboten, die er vor knapp 30 Jahren für 16.000 Pfund (gut 17.000 Euro) gekauft hatte.

"Aber es geht mir nicht ums Geld, ich habe alles, was ich brauche", beteuert Forbes, der von seinem Lohn als Arbeiter in einem örtlichen Granit-Steinbruch offensichtlich genug Geld für zwei nagelneue Range Rover vor der Haustür zurücklegen konnte. "Es geht ums Prinzip, und je länger das Theater dauert, desto störrischer werde ich." In der Tat könnte sich der weitere Genehmigungsprozess hinziehen und Trumps Wunsch zunichte machen, schon in zwei Jahren den ersten Abschlag am ersten Loch tätigen zu können. Denn obwohl dem Plan grundsätzlich nichts mehr im Wege steht, geht es nun um die Details. 80 Einwände hat die Regierung gegen Teile der Anlage vorgebracht, und jeder Bewohner von Aberdeenshire hat das Recht, eigene Bedenken vorzutragen.

Mit Ausnahme von Forbes freilich dürfte dies kaum jemand tun wollen. Obwohl die Meinungen in der Grafschaft über das Projekt lange Zeit gespalten waren, regt sich nun kaum mehr Widerstand. Eher überwiegt stille Resignation. "Wir können es uns gar nicht leisten, auf Jobs zu verzichten in diesen harten Zeiten", gibt der Rentner Gordon McCloud in der Kreisstadt Peterhead zu bedenken.

Auf die Proteste der Umweltschützer bezieht sich Deborah Orr im örtlichen Reisebüro. "Die Vögel können irgendwo anders hingehen", meint sie. "Wenn die Bauarbeiten fertig sind, kommen sie wahrscheinlich zurück." Am prägnantesten sagt es Jenny Wilkinson, die im "Arts-and-Tarts"-Café der Pendlervorstadt Balmedie bei Aberdeen zuckersüßes Shortbread auf Kuchenteller schichtet: "Dank Trump kein Slump". Der Millionär, soll das heißen, bewahrt uns vor dem Abschwung.

Tatsächlich spürt man in Aberdeen und im Umland, dass der Öl-Boom, welcher der Stadt in den vergangenen drei Jahrzehnten Wohlstand bescherte, zusammen mit den Ölquellen draußen in der Nordsee unaufhaltsam versiegt. Große Ölfirmen haben begonnen, Personal abzuziehen; viele Gastarbeiter aus Polen oder dem Baltikum kehren seit Monaten ihrer Wahlheimat den Rücken.

Schottlands Zukunft nach dem Öl

Sicher: Die 6000 Arbeitsplätze, die Trumps Projekt voraussichtlich schaffen wird, werden keinen Ersatz für verlorengehende Jobs draußen auf den Bohrinseln oder in den Zulieferbranchen für die Ölindustrie schaffen. Aber Keith Newton denkt weiter; nach seiner Überzeugung wird der Golfplatz die Initialzündung für die weitere Entwicklung der Region sein.

"Trump wird Aberdeen zur internationalen Destination machen, zu einem Markennamen", bekräftigt er. Von neuen Straßen schwärmt er, von der Erschließung der Region für Qualitäts-Tourismus und von einem Ausbau des Flughafens, damit Transatlantikflüge ermöglicht werden: "Ja, dies ist eine sehr aufregende Zeit für den Nordosten." Touristen verirren sich in der Tat selten in die Gegend. Sie kommen entweder nur bis Edinburgh oder fahren an Aberdeen vorbei direkt hinauf in die Highlands.

"Aber wir haben viel zu bieten", zählt Newton nun fast schon beschwörend auf: "Burgen und Whisky-Destillerien, Landschaft und Kulturerbe, und erstklassiges Essen." Er muss wohl den fragenden Blick seines Gegenübers bemerkt haben, denn nach einer Pause fügt er hinzu: "Sie wissen doch, das Aberdeen-Angus-Rind, für die besten Steaks der Welt." So viel hängt von dem Golfplatz für die rund eine halbe Million Menschen in Aberdeenshire ab, dass man sich sorgt, ob diese Hoffnungen bei einem schillernden Geschäftsmann wie Trump in den rechten Händen liegen. Zweifel an seiner Solidität wischt dieser beiseite: "Unsere Cash-Lage ist sehr, sehr gut", versicherte er nach der Entscheidung der schottischen Regierung. Er habe genügend Rücklagen und sei auf Kredite nicht angewiesen.

Der verdorbene Spaziergang

Michael Forbes ist nicht der einzige, der bezweifelt, ob Trump sein Vorhaben verwirklichen wird. "Es wäre nicht das erste Mal, dass er etwas großkotzig hinausposaunt, nur um es dann kleinlaut zu begraben", glaubt er. Was er womöglich übersieht, ist das persönliche Engagement des Amerikaners für sein schottisches Unternehmen. Nicht nur stammt seine Mutter aus Schottland, Trump selbst ist zudem ein begeisterter Golfspieler mit einem einstelligen Handicap.

Forbes kann diesem Sport nicht viel abgewinnen. "Ein verdorbener Spaziergang" sei so eine Runde. Wenn es nach ihm gehe, "würde ich auf jedem Golfplatz Schafe weiden lassen". Diese Möglichkeit könnte sich ihm eröffnen, wenn Trumps zahlende Gäste erst einmal rings um seinen Grund und Boden herum zu spielen beginnen. Er muss sich nur ein paar Schnucken anschaffen und sie auf Fairways und Grüns grasen lassen.

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