Glamorama:Sonnengruß statt saufen

Lesezeit: 2 min

Sich hemmungslos dem Schmerz ergeben? Nicht bei den modernen Prominenten. Da wird der Kummer lieber mit Yoga und Meditation bekämpft.

Von Friederike Zoe Grasshoff

Wenn Liebe endet, muss sich der Entliebte meist viele Ratschläge anhören. Neben der "Die-hat-Dich nicht verdient"-Leier gibt es da noch dieses universellste aller Mantras, nämlich: "Du wirst es jetzt viel besser haben." Legt man diese Trennungs-Tirade so aus, dass man sich rücksichtslos im Schmerz ergehen, Robbie-Williams-Gewinsel hören und auch sonst verhaltensauffällig durchs Leben stolpern darf, wird tatsächlich vieles besser. Experten sprechen hier von Psycho-Hygiene, Nicht-Experten vom So-schlecht-dass-es-schon-wieder-gut-ist-Prinzip. Nun sind die Zeiten aber so, dass auf das Wort besser zwangsläufig die Worte Yoga, Yoga und vielleicht auch mal Bikram Yoga folgen. Mantra-artiger ausgedrückt: Geht es dir richtig dreckig, musst du sauber machen, Sonnengruß statt Saufen.

Auch in der Welt der Prominenten - einst ein wahrer Dramen-Fundus - ist das große Besser-Versprechen längst angekommen. Diese Woche war es das australische Model Miranda Kerr, angeblich schon 33 Jahre alt, das mal klar machte, wie es geht. Der kanadischen Elle sagte Kerr zwar, dass sie nach der Scheidung von Schauspieler Orlando Bloom in eine "schlimme Depression" gefallen sei, dabei sei sie eigentlich eine "sehr fröhliche Person". War die Interview-Fallhöhe erst aufgebaut, ging es: nur noch nach oben. Es war, klar, was auch sonst, ein spiritueller Lebenswandel, der ihr aus der Krise geholfen habe: Yoga, Meditation, Aroma-Öl. Und: Man solle sich ein Beispiel am Weidenbaum nehmen. Die Eiche gelte zwar als der stärkste Baum - "aber in Wahrheit ist es der Weidenbaum, weil er sehr, sehr biegsam ist". Schönes Bild eigentlich. Schade nur, dass so viele auf den Weidenbaum gekommen sind. Katy Perry (ironischerweise Blooms Neue) soll wegen Liebeskummer einen Hypnosetherapeuten konsultiert haben. Von Schauspielerin Jennifer Love Hewitt ist die Aussage überliefert: "Erlaube dir 72 Stunden, um im Kummer zu schwelgen. Danach musst du ins Fitnessstudio gehen..." Genau, in dem Satz kommen auch die Wörter "Eiscreme" und "aufhören" vor. Schmerzen wegyogieren, das Gute inhalieren - was eine nachhaltige Strategie! Aber darf eine Krise auch ab und an mal eine Krise sein, ohne das bedrohliche Besser am Horizont? Das Schlechte schlecht? Der Traurige traurig? Da lobt man sich doch fast einen Johnny Depp, der seine Ex jüngst mit einem Trennungs-Tattoo diffamierte. Oder das einstige Drama-Paar Elizabeth Taylor und Richard Burton ("battling Burtons"), wo Liebe vieles war, auch Schmerz ohne Feel-Good-Aroma. Doch nun, da alle flexible Weidenbäume sind (Trauerweiden ausgenommen), wird der Sonnengruß das Dunkel lichten. Kerr ist mittlerweile mit Snapchat-Gründer Evan Spiegel verlobt. Klingt technisch, aber zum Geburtstag hat er ihr immerhin einen Weidenbaum gepflanzt.

© SZ vom 05.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: