Glamorama:Hintertür zum Glück

Hutchinson Outside Court

Anwalt Hutchinson 1963 auf dem Weg ins Gericht. 17 Jahre später will er Margaret Thatcher verführt haben.

(Foto: Dennis Oulds/Getty Images)

Der Vorteil des hohen Alters? Man kann alles behaupten - und kaum einer kann das Gegenteil beweisen. Wie Jeremy Hutchinson. Der 100-jährige Brite hat nun erzählt, dass er 1980 eine Liebschaft mit Margaret Thatcher hatte.

Von Marc Felix Serrao

Diese Spalte in der Zeitung steht bei einigen Lesern seit jeher unter dem Verdacht mangelnder Seriosität. "Sex sells", stand kürzlich in einer E-Mail, die nicht nur an das Panorama-Ressort, sondern auch an einen der Chefredakteure adressiert war. Letzteres war schon deshalb heikel, weil der diesen Verdacht durchaus teilt. Der Vorwurf des Lesers G. in aller Kürze: Mit der Zeitung geht es bergab, und die Hauptschuld trägt das bunte Zeug, das direkt hinter den Politikseiten erscheint. Berichte über Schauspieler-Scheidungen. Glossen über missglückte Garderoben. Neuigkeiten aus der Tierwelt. Der Leser wünscht sich stattdessen mehr Tiefgang; also das, "was wirklich lesenswert ist von der Buchmesse, oder mehr über Indonesien, oder was das Ausland liest". Mit Indonesien und der Buchmesse kann das Panorama auch heute nicht dienen, aber wie wäre es mit einem 100 Jahre alten britischen Juristen, der lange Mitglied des House of Lords war und nun behauptet, er habe ein Techtelmechtel mit Margaret Thatcher gehabt? Diese Geschichte liest das Ausland gerade mit großem Interesse, zumindest jener Teil des Vereinigten Königreichs, der sich durch den Spectator über den Weltlauf unterrichten lässt.

Jeremy Hutchinson heißt der im März 1915 geborene Gentleman, der die Eiserne Lady für eine Weile aus unlauteren Motiven in ihrem Amtssitz aufgesucht haben will. Der Spectator zitiert aus einem Gespräch zwischen ihm und einer Dame, die fragt, wie es denn war, als junger Labour-Kandidat im Wahlbezirk Westminster auch an der berühmten Tür der 10 Downing Street zu klopfen. "Well", antwortet Baron Hutchinson mit jener lässigen Schlüpfrigkeit, die nur Engländer beherrschen, "aufregend, aber viel interessanter ist die Hintertür." Die Dame weiß nicht, wovon er spricht. "Sie kennen die Hintertür nicht?", fährt der Baron fort. "Sie ist ganz klein." Man müsse einen geheimen Code kennen, um dort Einlass zu erhalten.

"Furchtbar interessant" habe seine Zuhörerin das gefunden. Wie er denn von dieser Tür erfahren habe? Das sei 1980 gewesen, erwidert der Baron, "als ich meine kurze Liebschaft mit Frau Margaret hatte". Die Dame habe ihm jedes Wort geglaubt. Das, erklärt der greise Jurist, sei der Vorteil seines hohen Alters. Keiner könne das Gegenteil beweisen. Er sei der einzige Beteiligte der Geschichte, der noch am Leben ist.

In dieser Anekdote steckt der ganze Zauber der großen Briten - und das Dilemma dieser kleinen süddeutschen Zeitungsseite, auf das Leser G. nicht ganz zu Unrecht hinweist: Es gibt nur wenige Prominente, deren Affären interessant sind, ohne seicht zu sein, zumal unter den lebenden Personen der Zeitgeschichte. Und auf die Buchmesse wird dieses Ressort gar nicht erst eingeladen.

Im nächsten Glamorama: Baron Hutchinson erzählt, was er mit Loki Schmidt und Hannelore Kohl im Urlaub in Indonesien erlebt hat.

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