Germanwings-Flug 4U9525:Welche Informationen der Flugschreiber preisgibt

Flugschreiber

Ein Flugdatenrekorder des Herstellers Honeywell

(Foto: picture alliance / dpa)
  • Aus dem Datenschreiber, der pro Sekunde mehrere hundert Datenpakete aufzeichnet, haben die Ermittler wichtige Erkenntnisse zum Flug der Germanwings-Maschine erhalten, die in den französischen Alpen abgestürzt ist.
  • Auch über den vorherigen Flug konnten Daten ausgelesen werden, die darauf hindeuten, dass Co-Pilot Andreas Lubitz seine Tat geplant hat.

Von Thomas Harloff

Externe Festplatte in Form eines Schuhkartons

Den Voice Recorder hatten die Einsatzkräfte nach dem Germanwings-Absturz in den französischen Alpen schnell gefunden - nach dem Flight Data Recorder, der sogenannten "Black Box", suchten sie länger. Sie erwarteten konkretere Erkenntnisse über den Verlauf des Unfallfluges. Die haben sie bekommen, wie aus dem Abschlussbericht hervorgeht. Und nicht nur über den Unfallflug - auch über den vorausgegangenen Flug von Düsseldorf nach Barcelona.

An Bord der verunglückten Germanwings-Maschine waren Voice Recorder und Flight Data Recorder getrennt untergebracht. In einigen Flugzeugen werden inzwischen auch Kombigeräte aus Stimmenrekorder und Flugschreiber eingesetzt.

Ein moderner Flugschreiber ist etwa so groß wie ein Schuhkarton und mit einer externen Festplatte vergleichbar. Er befindet sich in der Mitte oder im Heck des Flugzeuges, weil diese Teile bei einem Absturz statistisch gesehen am wenigsten zerstört werden.

Er muss extremen Belastungen standhalten

Das fest installierte Speichermedium verbirgt sich in einem extrem robusten Gehäuse. Da bei einem Flugzeugunglück viele Unfallszenarien denkbar sind, muss die Black Box vor der Zulassung viele verschiedene Tests überstehen. Dazu gehören ein Aufprall mit 750 km/h auf eine Betonwand, ein Wasserdruck, wie er in mehr als 6000 Metern Meerestiefe herrscht, 1100 Grad Celsius Hitze oder eine statische Last von 2,5 Tonnen, die länger als fünf Minuten auf ihm lastet. Bei der Suche nach der Black Box fanden Ermittler zunächst nur das geborstene Gehäuse. Der Speicher jedoch blieb zunächst verschollen. Dass er sich nicht mehr in der schützenden Hülle befindet, beutet nicht, dass er keine Daten mehr liefert. Der Chip ist zusätzlich gepolstert, hitzeisoliert und von Edelstahl umhüllt. Bei modernen Flugzeugen schaltet sich das Gerät automatisch ein, bei älteren müssen dies die Piloten tun.

Anders, als die englische Bezeichnung "Black Box" vermuten lässt, ist der Flugschreiber keineswegs schwarz. Um an Land leichter auffindbar zu sein, sind ein leuchtendes Orange als Farbe sowie auffällige Beschriftungen vorgeschrieben. Ein periodisches Ultraschallsignal sendet der Flugschreiber nur dann, wenn ein Flugzeug ins Meer stürzt und er mit Wasser in Kontakt kommt. Er ist in zwei Kilometern Umkreis für mindestens 30 Tage registrierbar. Neuere Flugschreiber senden ihr Signal bis zu 90 Tage lang.

Viele Messwerte werden aufgezeichnet

Anders als beim Stimmenrekorder, dessen Aufnahmen die Piloten theoretisch stoppen oder löschen können, haben sie beim Flugschreiber keinerlei Einfluss auf die aufgezeichneten Daten. Im Laufe der Jahre stieg die gespeicherte Datenmenge immer weiter an. Sekündlich werden mehrere Hundert, manchmal gar mehr als 1000 Parameter pro Sekunde aufgezeichnet. Und das bis zu 25 Stunden lang, um auch nach einem Langstreckenflug noch alle Daten auswerten zu können. Dazu gehören die Zeit, die Geschwindigkeit des Flugzeugs, die Richtung, der Treibstofffluss oder Außendruck und Flughöhe.

Auch die Position des Steuerknüppels, der Ruderpedale, des Fahrwerks und der Landeklappen sowie die vertikale Beschleunigung der Maschine gehören zu den erfassten Daten. Darüber hinaus legen die Fluggesellschaften individuell weitere Messwerte fest, die sie für eigene Zwecke auswerten.

Aus technischer Sicht wäre es den beiden führenden Herstellern Honeywell und L-3 Aviation Systems zufolge einfach, noch komplexere Systeme einzuführen. Auch solche, die über Funk, Mobilfunk oder Satellit ständigen Kontakt zum Boden halten. Das scheitert bislang allerdings an den Kosten sowie an der Ablehnung der Piloten, die sich nicht kontinuierlich bei ihrer Arbeit überwachen lassen wollen. Das ist auch der Hauptgrund dafür, dass Bestrebungen, die Cockpits zusätzlich mit Kameras auszurüsten, bislang nicht umgesetzt wurden.

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