Germanwings Flug 4U9525:So sicher ist Fliegen

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Germanwings-Maschinen am Flughafen Düsseldorf. (Foto: AFP)
  • Ereignisse wie das Germanwings-Unglück lassen das Fliegen subjektiv unsicher erscheinen und rufen bei vielen Menschen Unbehagen hervor.
  • Doch Statistiken belegen: Fliegen ist im Laufe der Jahre immer sicherer geworden.
  • Einer Studie zufolge sterben aktuell weniger als zwei von 100 Millionen Passagieren. Vor etwa 50 Jahren lag diese Zahl noch bei 133.
  • Die mit Abstand meisten Flugzeugabstürze lassen sich auf menschliches Versagen zurückführen.

Von Thomas Harloff

Ob MH370, der AirAsia-Flug QZ8501 im Jahr 2014 oder nun der Germanwings-Flug 4U9525: Flugzeugkatastrophen mit vielen Toten und die damit verbundene Berichterstattung in den Medien erzeugen Betroffenheit. Bei manchen Menschen rufen sie auch Unbehagen hervor, verbunden mit dem Gefühl, das Fliegen sei unsicherer geworden. Doch alle Statistiken und Studien zeigen das Gegenteil: Fliegen ist im Laufe der Jahre immer sicherer geworden.

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Die letzte große Studie zum Thema Flugsicherheit gab es im Dezember 2014. Im Auftrag von der Allianz Global Corporate & Specialty SE (AGCS), einem der weltweit größten Luftfahrtversicherer, untersuchte die renommierte US-Hochschule Embry-Riddle Aeronautical University (ERAU), wie sich die Sicherheit in der zivilen Luftfahrt verändert hat. Das zentrale Ergebnis: Betrachtet man den Zeitraum von 2001 bis 2013, kamen statistisch gesehen nur zwei Todesopfer auf 100 Millionen Passagiere. Zwischen 1962 und 1971, den frühen Jahren des Düsenzeitalters, waren es noch 133.

Wahrscheinlichkeit eins zu 29 Millionen

Anders als in Afrika und Asien, wo sich ohnehin 88 Prozent aller globalen Todesfälle ereignen, ist die Luftfahrt in den USA und in Europa sicher. Die Wahrscheinlichkeit, in diesen Regionen bei einem Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen, liegt bei eins zu 29 Millionen. Die Wahrscheinlichkeit hingegen, bei einem Blitzschlag zu sterben, ist mit eins zu 10,5 Millionen höher. Deutlich gefährlicher leben Radfahrer: Hier liegt die Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls bei eins zu 340 000.

Die Gefahr, von einem Blitz getroffen zu werden, ist deutlich größer, als bei einem Flugzeugabsturz zu sterben. (Foto: Allianz Global Corporate & Specialty)

Dabei ist der Luftraum heute viel stärker frequentiert als früher. Flogen 1960 noch 106 Millionen Passagiere in zivilen Maschinen, waren es 2014 etwa 3,3 Milliarden. Joe Strickland von der AGCS sieht den Hauptgrund für die deutlich verringerte Zahl der Opfer in besseren Technologien, etwa was Motoren, Kommunikation und Navigationssysteme betrifft. Auch Neuerungen im Design, bei der ausfallsicheren Konstruktion von Bauteilen und der elektronischen Flugzeugsteuerung tragen zur verbesserten Sicherheit bei. "Gleichzeitig haben sich auch die Ausbildungsstandards für die Crew und das Sicherheitsmanagement bedeutend verbessert", sagt Strickland.

Menschliches Versagen als Hauptabsturzursache

Trotzdem sind die meisten tödlichen Unfälle, etwa 70 Prozent, auf menschliches Versagen zurückzuführen. Meist ist die Ermüdung der Piloten die Ursache für einen Absturz. Einige Vorfälle in letzter Zeit deuten der Studie zufolge außerdem darauf hin, dass sich die Piloten zu sehr auf die Automatisierung im Cockpit verlassen. "Ein kontinuierliches Training der Piloten mit und ohne Automatisierungstechnik ist wichtig", sagt Josef Schweighart von der AGCS. "Das Handwerk der Flugzeugführung sicher zu beherrschen, ist nach wie vor unerlässlich." Durch die gewachsene Sicherheit in der Luftfahrt hätten zudem viele der in der Branche Beschäftigten noch keinen großen Unfall erlebt. Dieser Mangel an Erfahrung ist eines der größten Probleme bei der Vorbereitung auf Notfälle.

Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Flugzeugabsturz zu sterben, ist in Afrika besonders hoch. (Foto: Allianz Global Corporate & Specialty)

Technisches Versagen ist die zweithäufigste Absturzursache. In den 2000er-Jahren waren 22 Prozent der Unglücke darauf zurückzuführen, wobei der Wert im Vergleich zu den vorangegangenen Jahrzehnten leicht anstieg. Neun Prozent der Abstürze wurden durch Sabotage hervorgerufen. Darin enthalten sind auch Entführungen und Anschläge. Diese Zahl liegt unterhalb der Werte aus den 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahren. Aufgrund des Wetters sind in den vergangenen Jahren nur sechs Prozent aller Flugzeug-Unglücke passiert. So wenige Flugzeuge wie noch nie sind aus meteorologischer Ursache abgestürzt.

Das Unglück der Germanwings-Maschine zeigt aber auch, wie trügerisch die Statistik sein kann. Laut der ERAU-Studie ereignen sich nur neun Prozent aller Unglücke während des Reiseflugs - viel weniger als bei Landung oder Start.

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