Germanwings-Absturz:Es war geplant

An element he damaged black box flight data recorder is seen in this photo released by the BEA, France's Bureau d'Enquetes et d'Analyses (Air Accident Investigator) from the Germanwings Airbus A320 crash

Die Black Box, die Licht ins Dunkel brachte: Der zweite Flugschreiber der Germanwings-Maschine wurde am Donnerstag gefunden.

(Foto: Reuters)

In den französischen Alpen haben die Ermittler die zweite Blackbox der Germanwings-Maschine gefunden. Ihre Daten bestätigen, dass Andreas Lubitz den Sinkflug bewusst eingeleitet hat.

Von Bernd Dörries, Düsseldorf

Er hat den Alarm abgeschaltet, der normalerweise ertönt, wenn ein Flugzeug zu schnell wird. Es konnte ihm offenbar gar nicht schnell genug gehen. Der Flug in den Tod. Andreas Lubitz hat die Geschwindigkeit mehrmals erhöht, als er vergangene Woche den Airbus in den französischen Alpen zum Absturz brachte.

Am Donnerstag haben die Ermittler dort die zweite Blackbox gefunden, sie lag verkohlt unter Geröll. Die Daten seien aber noch intakt gewesen, teilt die französische Luftfahrtermittlungsbehörde BEA in Paris mit. Der Rekorder zeichnet Kurs, Geschwindigkeit, Flughöhe und Neigungswinkel auf. Lubitz, heißt es, habe den Autopiloten umgestellt. Das neue Ziel lag nun in etwa 30 Metern Höhe. "Dann hat der Pilot während des Sinkflugs mehrfach die Einstellungen des Autopiloten geändert, um die Geschwindigkeit des sinkenden Flugzeugs zu erhöhen." Und dann war es vorbei.

Das Flugzeug stürzte ganz in der Nähe eines Ortes ab, an dem Lubitz als Jugendlicher zum Segelfliegen war. Aber letztlich war es wohl einfach ein Zufall, so wie es ein Zufall war, dass der Pilot während des Fluges auf die Toilette musste und Lubitz das Cockpit übergab. Was dann passierte, war aber wohl geplant.

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat in der Wohnung des 27-Jährigen einen Tablet-Rechner gefunden und feststellen können, welche Seiten im Netz Lubitz in der Woche vor seinem Tod besuchte. Er hat sich über den Mechanismus der Cockpittür informiert, die er von innen verriegelte. Er hat über Methoden der Selbsttötung gelesen und Behandlungsmöglichkeiten bei Depressionen. Man kann daraus so etwas wie ein Motiv erahnen. Das aber immer noch viel zu klein erscheint für so eine monströse Tat.

An der Unglücksstelle haben die Ermittler in den vergangenen Tagen rote Fähnchen aufgestellt, eines für jedes Leichenteil, das gefunden wurde. Mittlerweile sind 150 verschiedene DNA-Proben sichergestellt worden, so viele Menschen befanden sich an Bord. Die roten Fähnchen werden wieder abgebaut, die Suche nach den Überresten der Katastrophe geht weiter: "Wir haben 470 Objekte sichern können, darunter sind 72 Handys. Sie sind allerdings in einem so schlechten Zustand, dass das Auslesen sehr schwierig wird. Aber vielleicht haben wir ja Glück", sagte Brice Robin von der ermittelnden Staatsanwaltschaft in Marseille.

Etwa 30 Hinterbliebene haben sich bisher beim Verein "Crash - Gesellschaft für Opferrechte" gemeldet, der sich im Jahr 2000 nach dem Absturz der Concorde-Maschine in der Nähe von Paris gegründet hatte. Damals waren 97 Deutsche ums Leben gekommen. Beim Absturz der Germanwings-Maschine haben nach Angaben von Crash einige Kinder beide Elternteile verloren. "Der Boden ist den Menschen unter den Füßen weggerissen worden, und wir sind dafür da, wieder Halt zu geben", sagt Christof Wellens, der Vorsitzende des Vereins. Crash leiste nun Soforthilfe, zahle beispielsweise die Miete von Hinterbliebenen.

Wie viel Geld Hinterbliebene erhalten können, hängt von der Nationalität der Opfer ab

Der Verein finanziert sich durch Spenden, sein Vorsitzender Wellens ist aber gleichzeitig Rechtsanwalt mit Spezialgebiet Schadenersatz und Flugunfälle. Er fordert seit Jahren, das Schadenersatzrecht in Deutschland zu reformieren - weil es anders als in den USA und Frankreich psychische Leiden der Angehörigen nicht entschädige.

Obwohl die Hinterbliebenen dasselbe Leid erleben, wird die Höhe des Schadenersatzes am Ende von der Nationalität der Opfer abhängen. Sicher ist nur, dass allen als Grundentschädigung eine Summe von 145 000 Euro zusteht; so ist es in internationalen Abkommen festgelegt. Darüber hinaus greift bei Schadenersatzklagen nationales Recht. An Bord der Maschine waren Menschen aus 18 Ländern. Die Hinterbliebenen der drei amerikanischen Staatsbürger können wohl mit zusätzlichen Entschädigungen in Millionenhöhe rechnen, weil in ihrer Heimat Trauer und Verlust einen hohen Stellenwert haben. In Großbritannien hingegen ist für den Todesfall nur eine Summe von 13 000 Pfund vorgesehen, dazu kommen Beträge für die Beerdigung oder Unterhaltungszahlungen des Toten an Dritte.

Die Lufthansa hat den Hinterbliebenen bisher eine Soforthilfe von bis zu 50 000 Euro gezahlt. "Ich verspreche den Hinterbliebenen der Opfer, dass unsere Hilfe nicht mit dieser Woche endet, sondern dass wir so lange helfen, wie es nötig ist", hatte Airline-Chef Carsten Spohr auf der Trauerfeier gesagt.

Vertreter von Hinterbliebenen wünschen sich eine großzügige Lösung. Es dürfe keinen Streit um das Geld geben.

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