Gerichtsurteil in London:Späte Gerechtigkeit für Stephen Lawrence

1993 wurde Stephen Lawrence von fünf weißen Männern in London niedergestochen. Aber erst 18 Jahre nach dem Mord an dem schwarzen Jugendlichen wurden nun zwei Täter verurteilt. Die Familie des Jugendlichen hatte lange um die Wiederaufnahme des Verfahrens gekämpft.

Christian Zaschke, London

Mehr als 18 Jahre nach dem Tod des britischen Teenagers Stephen Lawrence sind am Donnerstag in London zwei Männer wegen Mordes verurteilt worden. Es war einer der berühmtesten ungelösten Mordfälle Großbritanniens. Lawrence war 1993 auf offener Straße von einer Gruppe Jugendlicher umringt und niedergestochen worden.

Stephen Lawrence is seen in an undated handout photograph made available by the Metropolitan Police

18 Jahre nach dem Mord an Stephen Lawrence wurden nun zwei Täter verurteilt. Die Familie des Jugendlichen hatte lange um die Wiederaufnahme des Verfahrens gekämpft.

(Foto: Reuters)

Staatsanwalt Mark Ellison sagte: "Der einzige erkennbare Grund für die Attacke war seine (Lawrences, d. Red.) Hautfarbe." Die Angreifer waren weiß, Lawrence war schwarz. Gary Dobson und David Norris wurden verurteilt, weil mittels neuer Technologien nachgewiesen werden konnte, dass sie sich am Tatort befanden, was sie stets bestritten hatten.

Der Fall hatte seinerzeit drängende Fragen nach dem Rassismus in der britischen Gesellschaft aufgeworfen. Zwar gab es damals rasch fünf Verdächtige, doch die Polizei ermittelte so schlampig, dass ihnen keine Beteiligung an dem Verbrechen nachgewiesen werden konnte.

Eine öffentliche Untersuchung des Falles kam zu dem Schluss, dass der institutionelle Rassismus innerhalb der Polizei der Grund für die mindestens nachlässigen Ermittlungen war. Stephen Lawrences Eltern kämpften unermüdlich dafür, dass der Fall wieder aufgenommen wurde. Den Durchbruch brachte eine neuerliche Untersuchung von Kleidungsstücken der Verdächtigen.

Auf einer Bomberjacke Gary Dobsons fand sich ein Blutfleck, kleiner als ein halber Fingernagel. Die Chance, dass dieses Blut nicht von Lawrence stammt, liegt laut Wissenschaftlern bei eins zu einer Milliarde. An einer Jeans von David Norris fanden sich zwei Haare, einen und zwei Millimeter lang. Diese wurden in den USA untersucht - ein DNA-Abgleich ergab, dass sie zu 99,9 Prozent von Lawrence stammen. Zudem fanden sich Fasern an Norris' Sweatshirt, die höchstwahrscheinlich von Lawrences Kleidung stammen.

Beide Männer bestreiten, die Tat begangen zu haben. Dobsons sagte nach dem Urteil, die Jury müsse nun damit leben, einen unschuldigen Mann ins Gefängnis geschickt zu haben.

Fast ebenso sehr wie die forensischen Beweise beeindruckte die Jury indes ein Video, dass die Männer 18 Monate nach der Tat zeigt. Darin äußern sie sich extrem rassistisch und lassen sich darüber aus, in welcher Weise sie Schwarzen Gewalt antun wollen. Das Video beweist zwar keine Tatbeteiligung, es zeigte der Jury jedoch, dass die Männer damals rassistisch und gewaltbereit waren.

Drei weitere Verdächtige sind weiterhin auf freiem Fuß. Die Polizei hofft, dass nach den Verurteilungen weitere Beweise gefunden werden, die den Rest der Gruppe überführen, die das Opfer damals attackierte. Stephen Lawrence wurde von zwei Messerstichen in den Oberkörper getroffen und verblutete. Er liegt in Jamaika begraben.

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